Didaktische Szenarien und IMS Learning Design

Vorige Woche hatte ich eine ausgezeichnete und für mich äußerst interessante Masterthese von Christian Czaputa zu begutachten. Ausgehend von einer Reihe praktischer Erfahrungen in der LehrerInnen-Fortbildung – der Autor arbeitet als abgeordneter Lehrer an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalbildung in Dillingen – untersucht Herr Czaputa dabei in wie weit meine eigenen Überlegungen zu Didaktischen Szenarien mit dem E-Learning Standard IMS Learning Design kompatibel sind. Insbesondere geht es darum, ob eine Nutzung im Sinne einer Vereinfachung des Modellierungsprozesses von Lerneinheiten in IMS Learning Design, d.h. bei der Entwicklung so genannter Units of Learning (UoL) mit meinem Konzept der Didaktischen Szenarien möglich ist.

(Das Bild mit dem Zug vor der DUK – Donau-Universität Krems – stammt aus einem Projekt mit dem Namen MethoTrain, an dem Herr Czaputa in Rahmen einer unserer Lehrgänge beteiligt war.)


Eine interessante Masterthese von Christian Czaputa

Vorige Woche hatte ich eine ausgezeichnete und für mich äußerst interessante Masterthese von Christian Czaputa zu begutachten. Ausgehend von einer Reihe praktischer Erfahrungen in der LehrerInnen-Fortbildung – der Autor arbeitet als abgeordneter Lehrer an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalbildung in Dillingen – untersucht Herr Czaputa dabei in wie weit meine eigenen Überlegungen zu Didaktischen Szenarien mit dem E-Learning Standard IMS Learning Design kompatibel sind. Insbesondere geht es darum, ob eine Nutzung im Sinne einer Vereinfachung des Modellierungsprozesses von Lerneinheiten in IMS Learning Design, d.h. bei der Entwicklung so genannter Units of Learning (UoL) mit meinem Konzept der Didaktischen Szenarien möglich ist.

(Das Bild mit dem Zug vor der DUK – Donau-Universität Krems – stammt aus einem Projekt mit dem Namen MethoTrain, an dem Herr Czaputa in Rahmen einer unserer Lehrgänge beteiligt war.)

Es war für mich persönlich schon etwas eigenartig, als ich nach der Einleitung und einer ersten Annäherung zum Thema (Kapitel 2: „Didaktische Szenarien im E-Learning“) eine ausführliche Rekonstruktion und Exegese meiner eigenen Publikationen präsentiert bekam (Kapitel 3: „Didaktische Szenarien nach Baumgartner“). Das kommt einerseits selten vor, andererseits hatte der Autor diese Rekonstruktion sowohl selbständig – ohne ständige Rückkoppelung mit mir – und vor allem kritisch vorgenommen.

Heuristische Checkliste

Das Ergebnis war für mich beruhigend und verblüffend zugleich:

  • Beruhigend deswegen, weil sich trotz Fehlens einer einheitlichen Monografie aus den doch recht vielen unterschiedlichen Texten (insgesamt 13 schriftliche Äußerungen sowohl als veröffentlichte Artikel aber auch als längere Kommentare in meinem Weblog) letztlich doch ein recht einheitliches und konsistentes Bild meiner theoretischen Vorstellungen ergab.
  • Verblüffend deswegen, weil der Autor als Konsequenz eine heuristische Checkliste aus meinem Publikationen destillierte (Anhang 1: S.131-134, bzw. S.48, siehe Zitat, das diesem Absatz folgt), die ich so in konzentrierter Form noch nicht gesehen und veröffentlicht hatte. Besonders interessant war dann auch noch die Überprüfung an Hand einiger ausgewählter Beispiele, die zeigte, dass die von mir implizit entwickelten und von Herrn Czaputa explizit formulierten Kriterien sowohl sehr trennscharf als auch durchaus praxistauglich sind (Kapitel 3.6.3: „Beispielsanwendungen der Checkliste“, S. 49-53)

Ein Didaktisches Szenario nach Baumgartner ist
(A) ein Skript für die Inszenierung eines Lernarrangements
- präskriptiver (= vorschreibender) Charakter
- theoretisch geleitet
- zeitlich, räumlich, sozial beschrieben,
(B) inhaltlich neutral und wiederverwendbar,
(C) geformt aus Elementen didaktischer Interaktionen und selbst
Grundelement zur Formung fachdidaktischer Blöcke,
(D) durch eine Granularität von wenigen Minuten bis einige Stunden aktiver Lernzeit
(<= 1 ECTS mit ca. 25 – 30 h) charakterisiert

Beim Lesen dieses anregenden Kapitels ist mir auch noch eine weitere (generierende) Anwendung seiner „heuristischen Checkliste Didaktische Szenarien nach Baumgartner“ bewusst geworden: Aus dem in deutschem Raum häufig verwendeten didaktischen Planungsformular, das sich meistens nach dem Ansatz Paul Heinmanns (sog. Berliner Modell der Didaktik) bzw. dessen Weiterentwicklung zum Hamburger Modell orientiert, lassen sich relativ leicht entsprechende Didaktische Szenario ableiten. Die in der Tabelle eingetragenen Planungsschritte (Unterrichtsphasen – Ziele und Inhalte – Methoden – Medien) müssen ihrer inhaltlichen Konkretisierung entkleidet werden um ein Didaktisches Szenario zu generieren. Praktisch geschieht dies dadurch, dass aus der Spalte „Unterrichtsinhalte“ nur die Ziele entnommen werden während von der inhaltliche Konkretisierung soweit abstrahiert wird, dass ein wieder verwendbares Aktivitätsmuster entsteht. Es besteht dann noch die Notwendigkeit, dass der sequentielle Verlauf der Unterrichtsplanung auf in sich geschlossene Handlungsanleitungen aufgeteilt wird, die dann noch mit einem geeigneten typisierenden Bezeichnung (= Namen für das Didaktisches Szenario) versehen werden. Neben der von mir intendierten theoretischen Herleitung von Didaktischen Szenarien kann damit auch mit der Destillation aus der aktuellen LehrerInnenpraxis der umgekehrte Weg – von der Praxis zur Theorie – beschritten werden.

Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsplanung

Sehr erhellend ist die ausgearbeitete und mit aktueller Literatur begründete Einsicht, dass IMS LD eher dem Bereich der Unterrichtsvorbereitung und das Konzept der Didaktischen Szenarien hingegen eher dem Bereich der Unterrichtsplanung zugeordnet werden kann. Während die Unterrichtsplanung sich im Bereich der präskriptiven (vorschreibenden) Planungsentscheidungen für den Unterrichtsverlauf bewegt, konzentriert sich die Unterrichtsvorbereitung auf die Realisierung, d.h. Umsetzung der Planungsentscheidungen in konkrete Maßnahmen. Aus diesen allgemeinen Überlegungen heraus wäre eine gute ergänzende Wirkung von Didaktischen Szenarien (Planung) und IMS LD (Umsetzung) denkbar.

Es zeigt sich jedoch im ausführlichen und eher technisch gehaltenen 7. Kapitel, dass eine Koppelung zwischen dem Konzept der Didaktischen Szenarien und IMS LD (z.B. indem Didaktische Szenarien als Muster, Vorlagen – sog. „Templates“ – für ein Learning Design dienen) derzeit nur sehr beschränkt möglich ist.  Das Problem liegt darin, dass innerhalb von IMS LD sich die für Didaktische Szenarien notwendigen Trägerelemente in zeitlicher, räumlicher und sozialer Hinsicht nicht isolieren und damit nicht wieder verwenden lassen. Sowohl die Referenzierung von Ressourcen als auch semantische Kontextbezüge sind innerhalb eines Learning Design nicht möglich, sondern erfordern immer den Bezug auf die darüber liegende Unit of Learning (UoL). Konkret bedeutet dies, dass zwar auf der Grundlage einer Taxonomie von Didaktischen Szenarien vorgefertigte Schablonen für Learning Design entwickelt werden können (immerhin !), dass diese aber für die jeweilige Unit of Learning speziell händisch nach gebessert werden müssen indem manuell die entsprechenden Ressourcen und semantischen Kontexte (z.B. Formulierung der Aufgabenstellung etc.) adaptiert werden.

Ich habe für Interessierte das PDF der Masterthese als Anlage beigelegt (PDF, 3.3 MB).

Didaktische Szenarien und IMS LD Didaktische Szenarien und IMS LD

Size 3.3 MB - File type application/pdf

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