Übersetzungen I: Warum tue ich mir das an?

Ich habe eine Reihe weiterer WordPress Plugins für den Bildungsbereich übersetzt und auf meiner Webseite zum Download zu Verfügung gestellt. Dieser Artikel ist der erste Teil eines Beitrags der meine Motivation für diese Übersetzungsarbeit erklärt: Übersetzungsarbeit ist eine (alternative) Art sich mit der Funktionsweise der betreffenden Software auseinandersetzen und ist auch für das (Über-)Leben der eigenen Sprachkultur wichtig.

translationIch habe eine Reihe weiterer WordPress Plugins übersetzt und auf meiner Webseite zum Download zu Verfügung gestellt. Es handelt sich um die Vollversion des Lernmanagent-Systems Namaste (die Basis-Version hatte ich ja schon früher übersetzt) und beide Versionen (Basis und PRO) von der Quiz-Software Watu.

Warum ich mir die Arbeit mit dem Übersetzen antue?

Mein Ziel dabei ist es aber nicht, mich zusätzlich als Übersetzer zu qualifizieren, damit ich mir etwa in der Pension ein "Körberl"-Geld dazu verdienen kann. 😉 Es geht mir vor allem darum, dass wichtige Plugins für den Bildungsbereich stärker verbreitet werden. Dieses Ziel hat zwei Komponenten, eine interne und eine externe:

A) Sich gründlich mit dem Plugin auseinandersetzen

Kontrollieren wie die Übersetzungen im jeweiligen Kontext wirken
Kontrollieren, ob die Übersetzungen der Text-Snippets für den jeweiligen Kontext auch grammatikalisch passen.

Mit der internen Komponente bin ich selbst gemeint. Schon bei meiner ersten Übersetzung von Namaste! LMS hatte ich bemerkt, dass Übersetzungen ein interessanter (weiterer) Zugang sind, um die Wirkungsweise eines Plugins kennenzulernen. Bei den jeweiligen Übersetzungen bin ich nämlich immer wieder auf Zeichenketten gestoßen, die ich bisher in der praktischen Verwendung selbst noch nicht gesehen habe. Sie haben mich auf Funktionsbereiche aufmerksam gemacht, die ich bisher noch nicht verwendet hatte. Weil es sowieso notwendig ist, dass nach der ersten Roh-Übersetzung die übersetzten Texte im jeweiligen Anwendungskontext kontrolliert werden, habe ich mich systematisch auf die Suche nach diesen Zeichenketten begeben und dabei mehr über die Funktionsweise des Plugins gelernt.

Abgesehen davon, dass Übersetzungen ein alternativer (zusätzlicher) Lernweg ist, der eine intensive Auseinandersetzung mit der Funktionsweise erfordert, entsteht dabei auch so etwas wie eine emotionale Bindung mit dem Werkzeug. Während des Übersetzungsprozesses gab es einen regen Austausch mit dem Entwickler. Einerseits habe ich etliche Dinge nachgefragt, andererseits habe ich auf Tippfehler hingewiesen, auf missverständliche Formulierungen und auf Stellen, die nicht für die Übersetzung aufbereitet wurden  (d.h. in Loco Translate nicht als zu übersetzende Zeichenkette sichtbar wurden) aufmerksam gemacht.

Diese Kommunikation hat dann manchmal auch dazu geführt, dass ich Vorschläge zum Interface, zu einer anderen Anordnung der Menüs etc. gemacht habe. Plötzlich war ich selbst involviert und habe begonnen auch eine emotionale Beziehung zu "meiner" deutschsprachigen Version aufgebaut. Wenn ein neues Update in meine WordPress-Installation eingespielt wird, sehe ich jetzt immer gleich nach, was da geändert wurde, ob ein erweiterter Funktionsumfang neue Textmeldungen erforderlich gemacht hat, die nun wieder übersetzt werden müssen.

B) Die Übersetzung soll den praktischen Einsatz erleichtern

Die englische Sprache dominiert die Verkehrssprachen und Wissenschaft. Das ist aber kein Grund die eigene Sprache zu vernachlässigen… Deshalb sind Übersetzungen nach wie vor wichtig!
Die englische Sprache dominiert Verkehrssprachen und Wissenschaft. Das ist aber kein Grund die eigene Sprache zu vernachlässigen… Deshalb sind Übersetzungen nach wie vor wichtig!

Ein anderer Grund für meine Übersetzungsleistung ist, dass für viele deutschsprachige Muttersprachler/innen englischsprachige Anweisungen einer Software immer noch eine gewisse Barriere darstellt. Damit meine ich jetzt weniger die WordPress Autor/innen, die mit den Plugins arbeiten, sondern die Lernenden selbst, die häufig mit den kurzen, manchmal auch etwas kryptischen englischen Meldungen der Software Schwierigkeiten haben.

Dazu kommt als weiteres Argument, dass ja vielleicht auch ein Kurs oder ein Quiz gerade auch für Personen entwickelt wird, die gar keine Englischkenntnisse haben. (Z.B. Kinder, Personen, denen ein entsprechender Bildungshintergrund fehlt oder auch ein Einführungskurs für Englisch-Beginner/innen. Ausschließlich nur das Frontend, also jenen Teil zu übersetzen, der für die Lernenden sichtbar wird, ist jedoch mühsam: Es müssen dazu genau diese Zeichenketten gesucht und übersetzt werden. Da erschien es mir einfacher und effizienter gleich alles zu übersetzen.

Beide Aspekte – dass ich mich besser auskenne und andere einen leichteren Umgang mit diesen Plugins haben – ist aus meiner Sicht für eine größere Verbreitung von Bildungssoftware wichtig. Ich kann in unseren Ausbildungsprozessen an der DUK leichter auf mögliche didaktische Vorteile aufmerksam machen und praktische Ratschläge geben, andere können sich voll und ganz auf die inhaltliche Funktionsweise konzentrieren und brauchen nicht Übersetzungsarbeit leisten.

Lesen Sie auch die Fortsetzung dieses Beitrags.

Von Peter Baumgartner

Seit mehr als 30 Jahren treiben mich die Themen eLearning/Blended Learning und (Hochschul)-Didaktik um. Als Universitätsprofessor hat sich dieses Interesse in 13 Bücher, knapp über 200 Artikel und 20 betreuten Dissertationen niedergeschlagen. Jetzt in der Pension beschäftige ich mich zunehmend auch mit Open Science und Data Science Education.

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