Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Es war für mich heute das erste Mal, dass ich mit Adobe Connect einen online Vortrag selbst gehalten habe. Bisher war ich immer nur bloßer Teilnehmer von Online Vorträgen. Es ist eine bislang ganz ungewohnte Gefühlslage, wenn man nun aber selbst einen Online-Vortrag haltet. Als Teilnehmender hat sich für mich bezüglich einer Präsenzveranstaltung nicht viel geändert: Ich höre genauso zu wie bei einem Präsenzvortrag. Vielleicht beobachte ich auch noch den Chat oder schreibe selbst etwas hinein, falls das möglich bzw. erlaubt ist. Ganz anders aber als Vortragender.


Tolle Erfahrung aber gewöhnungsbedürftig

Es war für mich heute das erste Mal, dass ich mit Adobe Connect einen online Vortrag selbst gehalten habe. Bisher war ich immer nur bloßer Teilnehmer von Online Vorträgen. Es ist eine bislang ganz ungewohnte Gefühlslage, wenn man nun aber selbst einen Online-Vortrag haltet. Als Teilnehmender hat sich für mich bezüglich einer Präsenzveranstaltung nicht viel geändert: Ich höre genauso zu wie bei einem Präsenzvortrag. Vielleicht beobachte ich auch noch den Chat oder schreibe selbst etwas hinein, falls das möglich bzw. erlaubt ist. Ganz anders aber als Vortragender.

Einsamkeit

Besonders unangenehm aufgefallen ist mir, dass ich die TeilnehmerInnen nicht wie bei einem Präsenzvortrag sehen kann. Diese Wahrnehmung der körperlichen Präsenz ist für mich in meinen Vorträgen - ohne dass mir das so bewusst war - immer sehr wichtig gewesen. Es ist der Geräuschpegel, diese unbestimmte bzw. unbestimmbare Atmosphäre einer "Interessiertheit", einer "Aufmerksamkeit", die mir heute gefehlt haben. Man redet ins Blaue, hört immer nur sich selbst reden, fühlt sich einsam.

Irritationen

Dazu kommt noch ein ziemlich aktiver Chat, wo über alles Mögliche (und Unmögliche) geschrieben wird. Ein Chat der wegen der vielen sich überkreuzenden Interaktionen - bei gleichzeitiger inhaltlicher Konzentration und Aufmerksamkeit für die Bedienung der Software – sehr schwer zu verfolgen ist. So ein Multitasking von mehreren anspruchsvollen Aufgaben ist ziemlich fordernd. Dazu kommt noch, dass im Chat auch hin und wieder kritische Meldungen zu sehen ist, die etwas zeitverzögert eintreffen und zu einer gewissen Irritation führen.

Dabei ist die ständige Interaktion der Teilnehmenden doch etwas, was wir uns in unseren didaktischen Modellen doch immer gewünscht haben. Und doch ist es irritierend wenn im Chat Diskussionsfäden entstehen, die nur den ersten Ausgangspunkt mit meinem Referat gemeinsam haben und sich dann selbständig zu ganz anderen Ufern weiter entwickeln.

Stimmungslage unbestimmt

Es gibt nicht – wie bei einem Präsenzvortrag – die Möglichkeit diese "Störungen" aufzulösen, indem man sie anspricht. Ja, man kann sie ansprechen, aber das löst die "Störungen" gerade nicht auf. Es gibt keinen gemeinsame konsensuale Atmosphäre, keine gemeinsame "Stimmung", die durch eine gemeinsamen Gegenwartskontext erzeugt wird.

[Exkurs: In mein Vorlesung "Einführung in die Soziologie" in Klagenfurt, die ich zwischen 1990-1998 gehalten habe, habe ich auch über den phänomenologischen Soziologen Alfred Schütz gesprochen. Neben vielen wichtigen Arbeiten, die ich gelesen und ausführlich referiert haben, hat er auch einen Artikel über die Empfindungen und Wahrnehmungen beim gemeinsamen Musikhören geschrieben. Das hat mich zur damaligen Zeit nicht sonderlich interessiert und ich habe diesen Artikel daher auch nicht gelesen. Aber jetzt ahne ich plötzlich, worauf er wahrscheinlich hinaus wollte. Es ist offensichtlich ein extremer Unterschied wenn jemand alleine Musik hört oder wenn wir in einem Konzertsaal gemeinsam dieser Aktivität (?) bzw. Empfingung nach gehen. Ich werde mir jetzt diesen Artikel besorgen und lesen!]

Körperwahrnehmung fehlt

Immer wenn ein Teilnehmer selbst das Wort ergriffen hat, oder wenn eine Videokamera kurzzeitig aktiv war (wegen Übertragungsprobleme - offensichtlich wegen der hohen Teilnehmerzahl von über 30 Personen – mussten die Video abgeschaltet werden), habe ich eine starke Erwartungshaltung samt Emotion zur aktiven Person entwickelt. Ich konnte ein Gesicht erkennen, vielleicht sogar einen Hintergrund - mit einem Wort: ich haben einen – wenn auch sehr reduzierten – Lebenskontext wahrgenommen, der mit einer emotionalen Erleichterung bzw. Entlastung meinerseits verbunden war. Es war entlastend zu erfahren, dass man nicht Sachen in die Wand redet, Problem wälzt, die völlig neben den Interessen der TeilnehmerInnen liegen. Angenehm für mich war es dann auch, wenn Herr Jürgen Wagner oder Herr Alexander König - die die Sitzung moderierten – das Wort ergriffen und meine Einsamkeit ein Ende bereiteten. Das waren aber Ausnahmesituationen. Im Allgemeinen fühlte ich mich einsam, wie jemand der redet, und redet und redet... und nicht sicher ist, ob ihm auch jemand zuhört, die vertretene Meinung abwägt, sich Gedanken dazu macht. – Am Schluss gab es jedoch dann noch durchwegs positive Signale, weil viele TeilnehmerInnen sich im Chat zum Vortrag bedankten.

Fazit

Ich habe schon seit längerer Zeit ein Buch in Vorbereitung, wo ich eine Taxonomie für e-Learning Szenarien vorstellen möchte. Darin unterscheide und beschreibe ich 12  didaktische Dimensionen und behaupte, dass sich E-Learning nur in einer einzigen Dimension - nämlich in der Körperwahrnehmung – wesentlich von Präsenzlernen unterscheidet (siehe auch angehängten Foliensatz zu einem Kolloguiumsvortrag, insbesondere die Folien 38-41) . Die Idee der Bedeutung von "Body Awareness" habe ich der (phänomenologischen) Literatur entnommen (z.B. Hubert Dreyfus: On the Internet). Aber jetzt nach diesem Online Vortrag habe ich zum ersten Mal selbst gefühlt und verstanden, was die phänomenologische Methode untersucht bzw. worauf sich die Phänomenologie bezieht.

Ich bedaure sehr, dass ich keine ausreichende Gelegenheit hatte all die Features, die Adobe Connect bietet, zu üben und dann auch in dem Vortrag einsetzen zu können. Ich werde auf jeden Fall diese Erfahrung als Anlass nehmen und mich verstärkt mit der Technologie der Virtuellen Klassenzimmer auseinandersetzen.


PS.: Ist es eigentlich legitim (sozialer Geltungsanspruch <grin>), dass ich als Professor über meione Empfindungen schreibe? Ist mir egal - ich tu's einfach! <tongue>

PPS.: Jetzt muss ich aufhören, in 7 Stunden muss ich auf den Flughafen Schwechat den Flieger nach Zürich erreichen.

WIT-Kolloquiumsvortrag Baumgartner WIT-Kolloquiumsvortrag Baumgartner

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Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von Kay am 10.12.2008 14:34

Vielen Dank für die Beschreibung Ihrer Empfindungen! Zufällig habe auch ich gestern zum ersten Mal einen virtuellen classroom als Dozentin gehalten. Meine Empfindungen waren hingegen etwas anders, was die Einsamkeit betrifft. Das mag z. T. daran liegen, dass auch ich mich erst mit der Technik auseinander setzen musste. Ein Chat war - gottseidank - nicht integriert, das hätte mich auch sehr irritiert.
Im Unterschied zu Ihrem Vortrag kannte ich allerdings einige der Teilnehmer, so dass die Anonymität schon dadurch nicht so groß war und es möglich war, dass die Teilnehmer inteagierten, indem sie z. B. "Klatschen" konnten oder "smilies" schickten.
Ich denke, man kann als Vortragender in einem virtuellen Szenario die Zuhörer nicht im selben Maße in "seinen Bann" ziehen, wie das im "real live" möglich ist. Echte Interaktion zwischen dem Vortragenden und den Teilnehmern sollte man daher grundsätzlich nicht erwarten und diese Erwartungshaltung sollte auch in e-learning Szenarien nicht vorhanden sein oder zumindest nur dann, wenn sich die Teilnehmer tatsächlich kennen in dem Sinn, dass sie sich in einem Präsenzseminar bereits begegnet sind.

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von reinmann am 10.12.2008 19:03

Na klar darf man als Prof über so etwas schreiben 😉 Ich kann dir nur zustimmen. Als ich letztes Jahr im Dezember bei e-teaching.org erstmals einen "Online-Vortrag" gehalten habe, ging e smir genauso. Ich kam mir an sich nur blöd vor, wie ich da saß und mit meinem Bildschirm geredet habe, ohne zu wissen, wer alles zuhört. Vielleicht wäre es ja ein ganz nettes Format, man würde zumindest einen festen Dialog-Partner haben, der auch ein paar Mal was nachfragen darf, und den man quasi als Zuhörer fixiert, damit man sich als Redner leichter tut. Und für die anderen Zuhörer würde es sich dann vielleicht auch anders präsentieren und womöglich motivierender sein? Man könnte es ja mal ausprobieren.

Gabi

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von uwespangleram 11.12.2008 19:23

Ich fand die Beschreibung recht gelungen. Ich hatte selbst das "vergnügen" 18 Monate jeden Freitag 3 Stunden Connect Sessions als Student beizuwohnen im Rahmen meines Online MBAs. Ich denke dass es vor allem auf die Interaktion ankommt, ansonsten kann man es auch als aufgenommene Konserve anschauen. Was sie angesprochen haben wären verschiedene Umfragen, Polls und ab und zu jemanden "aus der Klasse rausholen". Bei einem MBA sind das die berüchtigten "Cold Calls", da ist dann jeder aufmerksam ;-), auch wenn es ein bisschen behaviouristisch zugeht. V.a. ist auch sehr wichtig eine kleine überschaubare Gruppe zu haben, die sich (selbst wenn virtuell) kennt, z.B. in einem Forum. Noch besser wäre sich vorher in einer Präsenzphase kennenzulernen, dann machen diese Sessions auch wirklich Spass, weil man sich den Menschen hinter dem Streichholzschachtel- Video vorstellen kann: es sollte ein bisschen "menscheln". Ich erinnere mich noch zu gut, als wir in einer Gruppensession eines Mitstudenten dessen Tochter in Costa Rica beim Laufenlernen zuschauten 😉

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von sigi am 19.12.2008 18:49

Herr Baumgartner, ich bin gerade dabei, meine Adobe Connect Präsentation für den 14.Januar bei Intel vorzubereiten. Ich habe als verspätete Teilnehmerin an ihrem Vortrag bei Jürgen und Michael teilgenommen und -ich muss es zu meiner Schande gestehen - auch eifrig mitgechattet! Wenn ich mir jetzt Ihre Befindlichkeit vorstelle, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Ich denke, hier müssen ja vielleicht doch noch Verhaltensregeln für Teilnehmer gefunden werden. Man macht sich als Teilnehmer auch kein Bild von dieser "Einsamkeit des Vortragenden" bis man selbst in dieser Situation ist. Wie gut kann ich das jetzt verstehen und wie wunderbar, dass Sie dieser Befindlichkeit Ausdruck geben!- Bisher habe ich nur einmal in "meinem" Raum mit meinem Sohn die Funktionen ausprobiert, aber nachdem ich heute morgen mit Eva Häuptle im "Raum" war und sie nicht zu hören war, ist mir das erstmal aufgefallen, wie unangenehm es ist, wenn man den Gesprächspartner nicht sehen und hören kann. Auch mir geht es so, dass ich unbedingt diese Interaktion der Teilnehmer brauche, um entsprechend reagieren zu können. Man weiss ja nie, ob man überhaupt bei den Leuten ankommt..... das verunsichert mich jetzt ein bisschen, zumal ich überhaupt keine Erfahrungen mit solchen Vortragsformen als Vortragende habe ... da muss ich mir jetzt noch mehr Möglichkeiten der Interaktion mit den Teilnehmern einfallen lassen ( ausser ab und zu einer Umfrage) - und ob man den Chat zulassen soll? Einerseits ist das ja immerhin eine Art der Interaktion, die wir erreichen wollen, andererseits kann das aber zu den "Auswüchsen" führen, die ich selbst miterlebt habe.....
Vielleicht hat Gabi da eine Idee, wie man sich einen festen Dialogpartner "anlacht", der dann ab und zu mal reagiert 😉
War auf jeden Fall super interessant - nicht nur Ihr Vortrag - sondern auch Ihr Kommentar - mal sehen, wie ich das ganze erlebe- werde dann berichten!
Schöne Weihnachten wünscht Ihnen Sigi Jakob

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von Lukaam 18.01.2009 19:42

Lieber Herr Baumgartner,

wie zutreffend Sie doch dieses Ersterlebnis beschreiben! Ich habe im (gerade noch laufenden) Wintersemester 2008/2009 ein Seminar zum Thema E-Learning als Blended-Learning-Szenario konzipiert und durchgeführt. Für die wöchentlich 2 SWS Onlinetermin haben wir mehrfach Online-Konferenzen mit WIZIQ durchgeführt, und die erste Online-Vorlesung mit diesem Tool hinterließ ganz ähnliche Gedanken und Eindrücke, wie Sie sie beschreiben.

Aber man kann den Umgang damit lernen. Ich habe Methoden entwickelt, dieses Feedback-Vakuum zu füllen. Immerhin stehen uns ja weitere Kommunikationskanäle während einer Online-Konferenz zur Verfügung. Einfach und effektiv ist es beispielsweise, Teilnehmer bzw. Teilnehmerinnen gezielt anzusprechen und um eine Meldung (auditiv oder schriftlich im Chat) zu bitten. Zwischendurch eine Frage über den Chat beantworten zu lassen und in die Eingaben in ein neues, leeres Whiteboard zu transkribieren, hat sich auch als gutes Mittel gegen die "Einsamkeit des Online-Vorträgers" erwiesen.

In meinem Blog (www.edaktik.de) berichte ich demnächst auch noch ausführlicher über diese spezifischen Aspekte. Momentan ist z.B. ein Erfahrungsbericht mit einer Skype-Konferenz zu finden (http://www.edaktik.de/2009/01/ausgebremst-skypekonferenz-mit-schwachen/).

Viele Grüße,
Luka (Ayshe) Peters

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von stock am 28.01.2009 20:44

Na das nenne ich sportlich, die erste virtuelle Schulung und dann gleich 30 Lernende - das kann einem durchaus die nicht virtuellen Schweißperlen auf die Stirn zaubern. Es kommt allerdings darauf an, als was der virtuelle Klassenraum genutzt wird. Den Unternehmen wird oft ein Bild gemalt, dass nahezu unbegrenzte Mengen an Personen innerhalb kürzester Zeit informiert werden können. Hier achte man auf die Wortwahl. Informieren stimmt auch so weit, da der virtuelle Klassenraum als massenmediale Plattform missbraucht wird. Es werden dann nur Informationen weitergegeben. Die Informationsempfänger haben keine Chance ihre Gedanken einzubringen.
Eine Schulung sollte auch diesen Charakter behalten. Meiner Erfahrung nach sollten hier max. 10 Personen an einer Schulung teilnehmen. Es kommt dann noch auf das Programm an, wie komfortabel es ist. Je komplexer und unübersichtlicher es sich bedienen lässt umso schwieriger wird es den Überblick über die Lernenden zu behalten. Ganz abgesehen einmal von der Motivation der Lernenden in einer "Großgruppe".
Meine Erfahrungen beschränken sich auf Centra und Webex, wobei ich dem kostspieligeren Programm hier den Vorzug geben würde.
Ich habe eine Projektarbeit zum Lernen im virtuellen Klassenraum geschrieben, die ich gern zu Verfügung stellen kann.
Andreas Stock

Re:Projektarbeit zum Lernen im virtuellen Klassenraum

Kommentar von baumgartner am 29.01.2009 09:56

@ Andreas Stock: Sie können sich auf meiner Website einloggen und einen Artikel schreiben und dazu Dateien hochladen. Dann entweder den Link an Ihre InteressentInnen verschicken oder den Artikel mir zum Freischalten weiterleiten. Er kommt dann auf meine Homepage.

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von lress am 13.02.2009 15:38

Leider habe ich diesen Beitrag heute erst entdeckt, ansonsten hätte ich Sie natürlich auf das Teletutorentreffen auf der Learntec eingeladen, das ganz unter dem Zeichen des Live-Online-Lehrens und Lernens stand. Ich habe bereits 8 Jahre Erfahrung in virtuellen Seminarräumen (unterschiedliche Systeme - schliesse mich aber Andreas Stocks Vorliebe an). An die beschriebene Einsamkeit kann ich mich auch noch gut erinnern, Plötzlich fragte frau sich "ist da auf der anderen Seite überhaupt noch jemand?" 🙂

Für mich ist die Interaktion das wichtigste in einem Online-Seminar. Bei 30 Personen sind diesen natürlich Grenzen gesetzt (Brainstorming auf dem Whiteboard ist da natürlich nicht mehr drin :-[/efn_note], aber das muss man sich einiges einfallen lassen, so dass die Teilnehmer "dabei bleiben".

Bischen Eigenwerbung: Ich habe ein Buch veröffentlicht (2003): "Live-Online-Lernen - Übungen und Methoden für das virtuelle Seminar", in welchem viele Anregungen zu finden sind. Die Übungen gibt es auch frei zugänglich hier: http://www.dd-learn.de/moodle/course/view.php?id=67 unter "Beispiele zu Interaktionen. Viel Spass beim anschauen!

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von Allmendinger am 04.03.2009 12:23

Hallo Herr Prof. Baumgartner,

ein Lehrender sagte mir mal, dass er sich wie „auf Radiosendung“ fühlte bei seinen ersten online-Sitzungen. In den folgenden Sitzungen sorgte er mehr und mehr für Interaktionen und fühlte sich zunehmend wohler. Am Ende der Veranstaltung bekam er so gute Evaluationen von den Lernenden, dass er selber überrascht war (er gab zu, dass er in Präsenzveranstaltungen bislang noch nie so gut abgeschnitten habe). Sicherlich – seine pädagogische Kreativität im Umgang mit Neuen Medien, die schiere Neuartigkeit des Mediums etc. spielen in solche Ergebnisse mit rein, aber ist ein ermutigendes Beispiel, dass auch hier „Übung den Meister“ macht.

Andererseits ist es meiner Meinung nach auch abhängig von der technischen Lösung, die eingesetzt wird, ob interaktives synchrones e-learning gelingt. Manche Lösungen bieten ein besonders umfassendes und pädagogisch wertvolles Repertoire an Werkzeugen an (wie virtuelle Kartenabfrage, Kleingruppenräume etc.). Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht mit dem Einsatz von vitero in der Hochschullehre (www.vitero.de). Einen Erfahrungsbericht mit Evaluationsergebnissen habe ich veröffentlicht unter:

Klicken Sie, um auf allmendinger_230507.pdf zuzugreifen

Viele Grüße,
Katrin Allmendinger

Re:Spontane Reflexionen zum heutigen Online Vortrag

Kommentar von PeterWestebbeam 05.03.2009 10:21

Wir haben in einer Arbeitsgruppe im letzten Jahr viel mit Adobe Connect experimentiert und ich könnte mit vorstellen, dass Sie unsere Ergebnisse interessieren.
Das wichtigste vorab: ohne eine sehr präzise Planung und Vorbereitung kommt man schnell in Teufels Küche. Adobe Connect muss man als eine Bühne verstehen, mit Akteuren im Vordergrund und Bühnentechnik, Regie und Hilfskräften im Hintergrund. In der Vorbereitung braucht man Proben von einzelnen Szenen bis hin zur Generalprobe. Da die Bühne aber virtuell ist, kann man sehr viel mit Playback arbeiten und vor allem einiges automatisieren.
Wir haben dafür zwei Lösungen gefunden, die ganz gut funktionieren. Die Lifeaufzeichnung und der präzise vorbereitete Sprechtext.
Bei der Lifeauszeichnung spricht der Vortragende vor einem kleinen Publikum. Dies wirkt dann auch sehr lebensnah, oder wie man sagt, authentisch. Allerdings muss fast immer nachbearbeitet, d.h. gekürzt werden. Die Nachbearbeitung erfordert viel Zeit, bis alle unnötigen Ähs, Wiederholungen oder verbalen Ausflüge entfernt sind.
Der Erstellung des Sprechtexts fällt Referenten leichter, die ihre Vorträge ohnehin Wort für Wort ausformulieren. Leider fehlen dabei häufig die Hooks, die der Zuhörer braucht, um seinen Aufmerksamkeitspegel aufrecht zu erhalten. Was bei der Lifeaufzeichnung oft intuitiv geschieht, nämlich Spannung zu erzeugen, kann beim Sprechtext zu Gunsten ausgeklügelter Formulierungen verloren gehen. Die Folge: der Zuhörer nickt ein. Interesse zu wecken, Spannung zu erzeugen und den Text mehrfach umzuschreiben, braucht ebenfalls viel Zeit, die man vorher einplanen muss.
Beim Multitasking haben wir alle in der Arbeitsgruppe versagt. Keiner von uns brachte es ohne Verwirrungen hin, Vortrag und Technik im Griff zu halten und dabei auch noch auf die Fragen im Chat einzugehen. Allerdings gelangen uns zwischendurch durchaus kabarettreife Szenen, die aber leider nur für die nicht aktiv im Multitasking verstrickten komisch waren und in der Wiederholung nur unangenehm wurden. Ergebnis: wenn man seinen Vortrag Life halten will, braucht man zumindest einen erfahrenen Helfer, der Regie und Technik übernimmt. Oder man zeichnet seinen Vortrag auf und kann dann ohne Stress Regie und Technik machen.
Ein großer Vorteil für die Teilnehmer ist bei Adobe Connect, Fragen im Chat stellen zu können, ohne auf die Situation Rücksicht nehmen zu müssen. Bei einer größeren Zahl von Teilnehmern sammelt sich während eines 20 bis 30 minütigen Vortrags so eine ganze Menge von Fragen an. Hier tut man sich als Referent leichter, wenn man die Zeit nutzt, die man durch das Playback gewonnen hat, um Fragen zu kategorisieren, Antworten und Argumente vorzubereiten und Aspekte auszuwählen. So entwickelt sich ein Dialog mit den Teilnehmern, der dann in einem Forum oder Blog weitergeführt werden kann.
Um die Dramaturgie zu vereinfachen, nutzen wir heute unsere von der Arbeitsgruppe entwickelten Templates, die uns bei der Vorbereitung viel an gedanklicher Arbeit abnehmen und die Gestaltung deutlich professioneller machen.

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