Am 23. April diesen Jahres ist an meinem Department der neue Lehrgang „Master of Arts in Social Innovation“ gestartet. Er hat Pioniercharakter in zweifacher Weise. Er ist einerseits weltweit der erste Masterlehrgang zu sozialer Innovation und andererseits unser erster selbst durchgeführter englischsprachiger Lehrgang, den wir ganz auf internationales Publikum ausrichten.
Es gab in Österreich natürlich schon immer auch soziale Innovationen mit großem Potential: Man denke an die Entwicklung des Sozialstaates, den kommunalen Wohnbau, Sozialpartnerschaften oder viel besuchte Podiumsdiskussionen rund um das Schlagwort „Smart Cities“, wie sie das Science Forum kürzlich unter Mitwirkung von Bundesministerin Doris Bures veranstaltet hat. Bisher jedoch gab es dazu kein eigene akademische Ausbildung, die diesem Pioniercharakter sozialer Innovation Rechnung getragen hat.
Wissenschaftliche Leitung unter Univ.-Prof. Dr. Josef Hochgerner
Bereits 1990 hat mein Kollege und Freund Univ.-Prof. Dr. Josef Hochgerner mit dem Zentrum für soziale Innovation ZSI das erste und weltweit führende Forschungszentrum für soziale Innovation eingerichtet. Jo war übrigens mein Tutor während mein Soziologiestudium, das ich 1972 begann. Es ist daher schön, dass wir jetzt – mehr als 40 Jahre danach! – inhaltlich wieder viel mit einander zu tun haben. Er ist zentraler Kooperationspartner und hat auch – gemeinsam mit MitarbeiterInnen unseres Departments – das Curriculum zum Lehrgang entwickelt.
Das neue Berufsbild "Social Innovator"
Bisher waren die wissenschaftlichen Grundlagen und Qualifikationen für soziale Innovationen eher unzureichend. Mit der im Rahmen der 2011 gegründeten European School of Social Innovation soll dies nun anders werden, denn mit diesem neuen Lehrgang soll nun erstmals eine professionelle Basis zur Entwicklung eines neuen Berufsprofils als „Social Innovator“ möglich gemacht werden.
Bei der Entwicklung des Curriculums war uns einerseits die Verbindung von Theorie und Praxis besonders wichtig, andererseits wollten wir die internationale Aufmerksamkeit für das Thema soziale Innovation nutzen. Schon bald war deshalb klar, dass die Lehrgangssprache Englisch sein sollte, da gerade auf EU Ebene das Thema soziale Innovation hoch priorisiert wird, und wir InteressentInnen über den deutschsprachigen Raum hinaus ansprechen wollten.
Wie sich unsere TeilnehmerInnen zusammensetzten
Es war daher nicht erstaunlich, dass die ersten Anfragen aus Übersee kamen und zu den ersten TeilnehmerInnen Menschen aus Mexiko und Australien zählten. Die Lehrgangsmanagerin Mag.a Denisa Vesely korrespondierte per Mail wörtlich mit allen Teilen der Welt. Vor allem in Afrika scheint großes Interesse an sozialen Innovationen zu bestehen und in vielerlei Hinsicht ist dieser Kontinent sozial innovativer als „good old Europe“. So liegen bereits Anmeldungen von Medienjournalisten aus Johannesburg für den nächsten Lehrgangsstart 2014 vor!
Dieser internationale Trend hat sich so extrem entwickelt, dass unser erster Lehrgang keine einzigen TeilnehmerInnen aus Österreich hat – was nun auch nicht gerade intendiert war ;-). Dies dürfte sich allerdings für den nächsten Start ändern, weil wir da schon einige österreichische InteressentInnen haben.
Ein zweites Charakteristikum, das sich abzeichnet, ist, dass das Interesse für soziale Innovationen quer durch die Berufsgruppen zu beobachten ist. Es sind nicht nur Menschen, die sich professionell mit sozialen Fragen oder sozial marginalisierten Bevölkerungsgruppen beschäftigen, sondern auch MitarbeiterInnen und ManagerInnen aus internationalen Konzernen, die soziale Innovationen auch unter einem ökonomischen Nutzen sehen. Vor allem unter ArchitektInnen ist ein Trend zu sozial innovativer Raum- und Stadtplanung zu beobachten, der auch an einer überdurchschnittlichen Zahl an LehrgangsteilnehmerInnen aus dieser Berufsgruppe deutlich wird.
Wenn wir uns die demografische Verteilung der TeilnehmerInnen in Hinblick auf die Altersgruppen anschauen, so zeigt sich, dass hier auch im Sinne von LLL neue Maßstäbe erkennbar werden: unter den Studierenden des ersten Durchgangs sind unter anderem ein 60jähriger Unternehmer aus Australien, der bereits eine Vielzahl an akademischen Titeln im Laufes seines Lebens erworben hat, aber – da nur in Österreich die Möglichkeit zu einem Masterstudium über soziale Innovationen besteht – die Reise von Melbourne nach Krems für diese Weiterbildung nicht scheut.
Erweiterung unserer bisherigen Arbeits- und Forschungsweise
Schon jetzt ist klar, dass das Interesse an sozialer Innovation weit über ein Weiterbildungsangebot hinausgeht, und Events und Projekte wie es beispielsweise die Podiumsdiskussionen im Haus der EU unter Mitwirkung des EU Parlamentariers Heinz Becker war, auch weiterhin den Lehrgang begleiten werden.
Da Josef Hochgerner als Mitglied der wissenschaftlichen Beratergruppe auch am Aufbau unseres Forschungsclusters mitarbeitet, wird soziale Innovation auch in der Forschung der beiden Bildungsdepartments sicherlich immer wieder thematisiert werden. Ein ganz besonders wichtiger Punkt für mich persönlich wird es sein, dass neben der häufig zitierten und im DUK-Gesetz verankerten “forschungsgeleiteten Lehre” nun auch die “lehrbezogene Forschung” einen prominenten Stellenwert bekommt. Wie ich bereits in einem früheren Beitrag geschrieben habe, sehe ich Lehre nicht nur als ein Gefäß, das (mit Forschung) gefüllt wird, an, sondern als ein Reservoir an Kompetenzen, Netzwerken etc., aus dem auch entnommen werden kann. Diese Sichtweise stellt eine wichtige Erweiterung unserer bisherigen Arbeits- und Forschungsweise dar – und kann demgemäß (natürlich in einem kleinen bescheidenen Rahmen) auch als eine Art sozialer Innovation bei uns am Department angesehen werden.
2 Antworten auf „Lehrgangsstart: Master of Arts in Social Innovation“
Herzlichen Glückwunsch! Besonders interessant finde ich den Gedanken zum „lehrbezogenen Forschen“, obwohl ich im Moment nur vermute, was das bedeuten kann. Vielleicht gibt es hier im laufenden Prozess konkretere Einblicke. Grüße! Frank
Lieber Frank,
Das Kürzel „lehrbezogene Forschung“ hat zwei Aspekte:
In beiden Fällen sind unsere Studierenden allerdings nicht nur „Ressource“, sondern können im Sinne eines handlungsorientiertem Studiums auch als ForscherInnen (insbesondere bei den im Curriculum vorgesehenen Projektarbeiten aber natürlich auch bei der Masterthese) gemeinsam mit uns aktiv sein, bzw. selbständig inhaltliche Beiträge für die Weiterentwicklung unserer Forschungsanliegen erarbeiten.