Im Rahmen einer öffentlichen Defensio des Lifelong Learning Kollegs verteidigte Stefanie Konzett-Smoliner am 23. Juni in Wien nicht nur erfolgreich sondern sogar mit Auszeichnung ihre Dissertation. Ich hatte diese Arbeit betreut und fungierte daher als Erstprüfer; mein Kollegen Josef Hochgerner vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) war Zweitprüfer und Willi Berger Alpen-Adria Universität Klagenfurt (AAU) führten den Vorsitz der Kommission.
Konzett-Smoliner promoviert mit kumulierter Dissertation
Ihre Dissertation "Über die Remigrationsmotive sowie Lern- und Erfahrungsprozesse von hochqualifizierten RückwanderInnen" war meine erste kumulierte Disserationsschrift, die ich betreut habe. Ehrlich gesagt, war ich gegenüber diesem Disserationsformat ein wenig skeptisch: Ich habe befürchtet, dass bei kumulierten Qualifizierungsarbeiten die theoretische Reflexion gegenüber den Anforderungen der notwendigen Publikationsreife der drei Artikel im Mittelteil der Rahmenschrift zu kurz kommt und auch Redundanzen (jeder einzelne Beitrag muss sich ja wieder auf ein theoretischen Leitmotiv beziehen) unvermeidlich sind. Heute kann ich sagen, dass diese Befürchtung unbegründet ist: Trotz einiger kleinerer unvermeidlicher Wiederholungen muss dieses Dissertationsformat nicht auf kritische und meta-theoretische Diskussionen verzichten.
Lern- und Erfahrungsprozesse von hochqualifizierten RückwanderInnen
Nicht nur, dass es eine kumulierte Dissertation war, ist neu für mich gewesen. Neu war es auch, dass das Thema und die Fragestellung der Dissertation von Frau Konzett-Smoliner nicht direkt aus meinem eigenen Forschungszusammenhang kam, sondern meine Arbeit im Betreuungsprozess sich auf methodologische Fragen konzentrierte und erst in den Forschungsergebnissen sich der Zusammenhang mit meinen eigenen Forschungsarbeiten zur innovativen Gestaltung von Lehr-/Lernszenarien, wie ich sie in der Taxonomie von Unterrichtsmethoden diskutiert habe, hergestellt hat. (Dass ich meine E-Learning Expertise erst über einen Umweg von neuen Anforderungen einbringe, ist allerdings nicht neu: Sowohl meine Arbeiten zur Hochschuldidaktik als auch zu informellen Lernen hat letztlich immer auch einen starken mediendidaktischen Bezug.)
Neuere Migrationsstudien haben gezeigt, dass aktuelle Rückwanderungsströme inzwischen nicht mehr nur aus älteren MigrantInnen bestehen, die nach ihrem Arbeitsleben ihren Ruhestand im Herkunftsland verbringen wollen, sondern im zunehmenden Maße auch junge hochqualifizierte Arbeitskräfte beinhalten. Für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist der Wanderungssaldo von Hochqualifizierten – der für Österreich negativ ausfällt – sehr wichtig: Auch wenn ins Ausland ausgewanderte ÖsterreicherInnen durchaus einen positiven Beitrag für die österreichische Wirtschaft leisten können, so ist die Frage, ob Österreich für hochqualifizierte Arbeitskräfte in der Konkurrenz zu anderen Wirtschaftsstandorten ein attraktiver Standort ist, wesentlich. Bisher jedoch wurde in der Forschung der Prozess der Zuwanderung hauptsächlich auf ausländische StaatsbürgerInnen bezogen, der Remigration österreichischer Hochqualifizierter wurde dabei wenig Beachtung geschenkt. Die Dissertation von Frau Konzett-Smoliner hat mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zu Schließung genau dieser Forschungslücke geleistet.
Von den behandelten theoretischen Ansätzen werden die ökonomisch-theoretischen Prämissen von Frau Konzett-Smoliner als zu eng verworfen, die strukturell-theoretischen, Netzwerktheorien, Transnationalismus-Ansätze jedoch in Teilaspekten aufgenommen. Insbesondere das auf den Netzwerktheorien basierende „preparedness“-Modell von Jean-Pierre Cassarino findet die Autorin für eine Vorbereitung der Rückkehr als auch für die Realisierung einer vorhandenen Rückkehrbereitschaft für ihre Fragestellung geeignet.
Neue Anwendungsstrategien für LLL
Damit ist dann ein Ansatzpunkt für Bildungsmaßnahmen in einem LLL-Kontext gegeben und damit auch ein Brückenschlag zu meinem eigenen Arbeiten zum Design von innovativen Lernszenarien für bildungsbereite Erwachsene gegeben. Dies betrifft sowohl die potentiellen RückkehrerInnen als Individuen als auch österreichische Institutionen, die mit entsprechenden Services die Rückkehrbereitschaft und Motivation unterstützen sollten. Unabhängig von der Lernbereitschaft der hoch qualifizierten RückkehrerInnen braucht es daher auch einen institutionellen Rahmen wo dieser Lernprozess stattfinden kann. Das ist nur mit einer entsprechenden (Neu-)Ausrichtung (derzeit noch nicht) beteiligter Organisationen (wie etwa Botschaften und Arbeitsmarktservice) möglich (Stichwort: organisationales Lernen). Dass dafür sowohl elektronische Plattformen und Social Media-Unterstützung wichtige Teile solcher potentieller, noch zu entwickelnder Lernszenarien sein können, liegt auf der Hand.
In solch einem neuen potentiellen Lernszenario fungiert der Auslandsaufenthalt als ein Element einer persönlichen Lifelong Learning Strategie, wo die im Ausland erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen im Zuge des Re-Integrationsprozesses in Österreich umzusetzen sind. Frau Konzett-Smoliner schlägt zur Realisierung einer erfolgreichen Integration drei Pakete für Bildungsmaßnahmen vor:
- Professionelle Betreuung der Rückkehrenden durch ein kompetent ausgebildetes Servicepersonal
- Einfachere und weitreichende systematische Prozeduren der Anerkennung der im Ausland erworbenen formalen, non-formalen und informellen Kompetenzen
- Entwicklung von unterstützenden sozialen Netzwerken, die durch den Erfahrungsaustausch der relevanten AkteurInnen auch als reale und virtuelle „Lern-Arenen“ dienen können.
Leider wird die Dissertation infolge limitierter Rechte der darin versammelten Artikel, die in anderen Organen publiziert wurden bzw. werden, nicht öffentlich zum Download angeboten werden.