Google: Don’t be evil? – Don’t be naive!

Die letzten beiden Tage habe ich unter anderem dazu benützt mich über die Diskussion zu Google Knols zu informieren. Ich bin zum Schluss gekommen, dass das Konzept sehr gut ist, aber aus verschiedenen Gründen die aktuellen Realisierung bzw. Implementierung (siehe Knol-Website) durch Google äußerst kritisch zu beurteilen ist. Es ist fraglich in wie weit Google sich mit der Knol Initiative an sein eigenes Mantra Don’t be evil auch wirklich halten wird. Dabei habe ich nicht bewusst vollzogene "böse Taten" im Auge, sondern die strukturpolitische Entwicklung, die sich aus der marktbeherrschenden Stellung von Google meiner Meinung nach notwendigerweise ergibt. (Die Google Suche nach „don’t be evil“ gibt übrigens viele Google-kritische Webseiten <grin>).


Aus Anlass zur Google Knols Initiative

Die letzten beiden Tage habe ich unter anderem dazu benützt mich über die Diskussion zu Google Knols zu informieren. Ich bin zum Schluss gekommen, dass das Konzept sehr gut ist, aber aus verschiedenen Gründen die aktuellen Realisierung bzw. Implementierung (siehe Knol-Website) durch Google äußerst kritisch zu beurteilen ist. Es ist fraglich in wie weit Google sich mit der Knol Initiative an sein eigenes Mantra Don't be evil auch wirklich halten wird. Dabei habe ich nicht bewusst vollzogene "böse Taten" im Auge, sondern die strukturpolitische Entwicklung, die sich aus der marktbeherrschenden Stellung von Google meiner Meinung nach notwendigerweise ergibt. (Die Google Suche nach "don't be evil" gibt übrigens viele Google-kritische Webseiten <grin>).

Wenn ich davon spreche, dass es (derzeit ?) bei der Realisierung von Google Knols aus meiner Sicht einige schwer wiegende Bedenken gibt, dann meine ich damit nicht die aktuellen technischen und administrativen Probleme, die viele NutzerInnen zu Recht aufregen:

  • Technisches Problem: So funktioniert die Suchmaschine zum eigenen Knol-Beitrag offensichtlich nur wenn man eingeloggt ist
  • Administratives Problem:  Die Verifizierung des Autorennamens ist nur für USA Accounts - und das umständlich über Telefon oder Kreditkarte – möglich

Nein, diese Probleme können leicht überwunden werden. Sie stellen kein grundlegendes konzeptionelles Strukturproblem bei der Implementierung dar. Was mir viel größere Sorgen macht, ist die dominierende Marktposition von Google. Sie hat diese Macht vor allem durch ihre Suchmaschine bekommen – eine Vorrangstellung die Google auf Vermittlung von Internet BenutzerInnen zu den benötigten Inhalten gründet. Mit Knol aber wird Google jetzt auch noch selbst zum (möglicherweise größten) Content Provider! Im Zusammenhang mit den vielen kleinen nützlichen Tools, die selbst wieder zum größten Teil Hilfen zur Erstellung, Verwaltung, Verbreitung von Inhalten sind, schliesst sich der Kreis: Von der Produktion über dem Vertrieb bis zur Nutzung (Zugang) - alles ist und bleibt in Googles Hand.

Dass dies keine vage, weit in der Zukunft liegende Projektion eines "Großen Bruders" ist, zeigen bereits zwei Beobachtungen:

Wem gehört der Inhalt?

Unter 5.1 der Nutzungsbedingungen heißt es, dass der von den BenutzerInnen erzeugte Inhalt, also der so genannte User Generated Content (oder kurz: UGC) den jeweiligen AutorInnen gehört:

… Google claims no ownership or control over any content submitted, posted or displayed by you on or through the Service. You or a third party licensor, as appropriate, retain all patent, trademark and copyright to any content you submit, post or display on or through the Service and you are responsible for protecting those rights, as appropriate.…

Im Paragraph wird jedoch dann festgelegt, dass alle Rechte an dem Inhalt an Google weitergegeben werden:

By submitting, posting or displaying content as an Author, Co-Author, Collaborator, Commenter, Reviewer, or User on or through the Service, you grant to Google a non‑exclusive, perpetual, worldwide and royalty-free right and license to (i) use, copy, distribute, transmit, modify, create derivative works based on, publicly perform (including but not limited to by digital audio transmission), and publicly display the content through Google services; (ii) allow other users to access and use the content through Google services; and (iii) permit Google to display advertisements on the Google sites containing the content. In addition, you grant to Google a nonexclusive, perpetual, worldwide and royalty-free license to use your name, likeness, image, voice, and biographical information (and, where applicable, your trademarks, service marks, trade names, logos, and other business identifiers) in connection with the content and Google’s use of the content through the Google services.

Ich bin ja kein Jurist, aber irgendwie kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass sich diese beiden Passagen widersprechen.

Von einer anderen mehr wirtschaftspolitischen Warte aus gesehen, ist meiner Meinung nach die gesamte Google Strategie bedenklich: Das Motto "Ich gebe Dir nützliche kleine Werkzeuge und Du gibst mir dafür den damit erzeugten, verarbeiteten bzw. veredelten Inhalt" ist letztlich ein unmoralisches Angebot. Im Sinne der marxistische Kritik am Kapitalismus stellt es die perfekte Enteignung der kreativen bzw. geistigen Produzenten von ihren Produkten dar. Statt sich aber wie bisher als Lohnarbeiter in der Fabrik bzw. Büro sich unter dem Regime des Kapitalisten zu verdingen, können wir dies in der Google Gesellschaft zu Hause "frei"willig ohne Zeitaufsicht und Zeitdruck tun. Sieht man einmal davon ab, dass mit den erstellten Knols mit Google AdSense auch Geld verdient werden kann, dann ist die Situation schlimmer als im traditionellen Kapitalismus: Nicht einmal ein geregeltes Lohnarbeitsverhältnis sorgt für eine gewisse materielle Absicherung. Es genügen Begeisterung über die tollen kostenlosen Arbeitsmittel, Sichtbarkeit seiner Leistungen und die damit verbundene Anerkennung durch die Internetgemeinde.

Höheres Ranking der Knol Texte?

In einem für mich überzeugendem Beitrag wird aufgezeigt, dass die (neuen und daher noch relativ wenig verlinkten Knol Artikel) extrem gut in den Google Suchresultaten gereiht werden. Sicherlich: Es gibt auch andere Meinungen und insgesamt eine heiße Debatten mit Pro und Contra. Aber das entscheidende Argument ist gar nicht, dass Google mit einem speziellen Algorithmus tatsächlich schwindelt, sondern die vielen kaum überprüfbaren Möglichkeiten es tun zu können. Um als Nicht-Spezialist zu den Suchmaschinen einen Geschmack davon zu kommen, siehe die weiteren Beiträge The Ranking of Knol Articles und Google Knol Ranking - Google NOT favoring Knol (the way you think ...).


[Bei dieser Gelegenheit bin ich auf ein passendes interessantes Buch, das komplett online erhältlich ist, gestoßen: The Hyperlinked Society: Questioning Connections in the Digital Age, einem Sammelband, herausgegeben von Joseph Turow and Lokman Tsui.]

Re:Google: Don't be evil? - Don't be naive!

Kommentar von Beat Döbeli Honegger am 08.08.2008 17:49

Lieber Peter,

> Ich bin ja kein Jurist, aber irgendwie kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren,
> dass sich diese beiden Passagen widersprechen.

Ich bin zwar auch kein Jurist, meine aber den Unterschied zwischen den beiden Abschnitten erkennen bzw. erklären zu können. Google nimmt sich ein nicht exklusives Nutzungsrecht für die publizierten Inhalte heraus, d.h. Google darf die publizierten Inhalte unentgeltlich nutzen. Den UrheberInnen verbleiben aber alle Rechte, d.h. sie dürfen die publizierten Inhalte weiterhin auch anderswo nutzen und auch entscheiden, wem sie sonst noch (ausser Google) das Nutzungsrecht geben wollen. User von Google dürfen die publizierten Inhalte zwar nutzen (lesen, hören, sehen), aber aufgrund dieser Vereinbarung nicht selbst wieder irgendwo publizieren.

In anderen Worten: Mit der Veröffentlichung auf knol gebe ich der Firma Google das Recht, mein Werk zu publizieren, verändern usw., verliere also mein exklusives Nutzungrecht als Urheber. Mehr verliere ich aber nicht.

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