Ich werde immer wieder zur Zweitbegutachtung von Dissertationen in mir fremden Fachgebieten eingeladen. Ausgehend von einem weiteren konkreten Anlassfall habe ich über die besonderen Bedingungen des Begutachtungsprozesses bei inter- bzw. transdisziplinären Disserationen nachgedacht und in einem Paper festgehalten. Ich entwickle auch einige Ratschläge für Studierende, wie sie das Risiko bei der Einreichung bei fachübergreifenden Arbeiten minimieren können.
E-Learning als interdisziplinäres Themenfeld
Die E-Learning Themenpalette von Dissertationen, die ich bereits betreut habe, ist naturgemäß breit gespannt und deckt praktisch alle Fachgebiete ab. Es handelt sich dabei meistens um Arbeiten, die zu einem bestimmten Fachgebiet eine E-Learning Anwendung konzipiert, entwickelt, implementiert oder evaluiert haben.
Neben wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten (ich war als Professor für Wirtschaftspädagogik 5 Jahre lang Mitglied einer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät) habe ich bereits Arbeiten zur Elektrotechnik, Medizin, (naturwissenschaftlichen) Biologie und Informatik zur (Zweit-)Beurteilung bekommen, also Fachgebiete die nicht (m)einer sozial- und geisteswissenschaftlichen (Fakultäts-)Zugehörigkeit entsprechen.
Die Realisierung von E-Learning Anwendungen ist selbst kein eigenes Fachgebiet, erfordert aber ein breites Spektrum von Kenntnissen:
• Pädagogik und Didaktik (Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften)
• Psychologie (Kognitionswissenschaften),
• Konzeption und Implementierung der entsprechenden Algorithmen und des Systems (Informatik, Management)
• Technik beim Umgang mit (Entwicklungs-)Werkzeugen (Programmierung)
• Beherrschung empirischer Methoden (Evaluierung)
• ...
Hilfestellungen für den Begutachtungsprozess
Der Begutachtungsprozess bei fachübergreifenden Arbeiten sieht sich mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. Einerseits muss die sichere “Heimat” der reinen fachwissenschaftlichen Qualitätskriterien bei der Beurteilung verlassen werden. Andererseits hängt die Setzung des Anspruchsniveau der jeweiligen begutachtenden Person von deren Stellung im Begutachtungsprozess (Erst- oder Zweitbegutachtung) ab.
Obwohl bei inter- bzw. transdisziplinären Dissertationen die disziplinären Kriterien nicht ganz so hoch zu setzen sind, wie bei reinen fachwissenschaftlichen Arbeiten, so muss trotzdem ein gewisses Fachniveau gewahrt sein, d.h. dem “state-of-the-art” entsprochen werden. Andererseits müssen andere Kriterien angelegt werden, die – ausgehend von der spezifischen Fragestellung – zu entwickeln sind und der besonderen Perspektive der Dissertation gerecht werden. Es ist hilfreich, wenn der für Dissertationen “eigenständige Beitrag zur Entwicklung der Wissenschaften” bei fachübergreifenden Arbeiten nicht als selbstverständlich angenommen wird, sondern einerseits im Vorfeld zwischen den Beteiligten abgeklärt wird und andererseits von den Studierenden im Rahmen ihrer Arbeit auch entsprechend ausführlich und ausdrücklich dargestellt wird.
Produktion ausschließlich mit Open Source Werkzeuge
Der Aufsatz ist eine Premiere: Er ist mein erster Beitrag, den ich vollständig mit open source Produkten geschrieben habe1:
- Die auf Basis von TeX/LaTeX neue Version 1.6 des WYSIWYM Dokumentenverarbeitungssystem LyX zum Produzieren des Textes
- Skim auf Grund seiner ausgezeichneten Zusammenarbeit mit LyX zum Generieren des PDF
- Die FireFox Erweiterung zotero zum Sammeln der Literaturdaten
- Die BibTeX Literaturdatenbank JabRef zum Einspielen der Literaturhinweise und Literaturdaten in den Text
- Und das noch im Betastadium befindlichen biblatex zum automatischen Generieren der Literaturhinweise .
- Der Aufsatz kann bereits von meiner Publikationsdatenbank auf dieser plone Homepage heruntergeladen werden.
1Das stimmt nicht ganz, da ich ja auf meinem Apple das Mac OS X Betriebssystem verwende.