Seit einiger Zeit habe ich damit begonnen mich mehr um Fragen der Sicherheit und des Datenschutzes im Internet zu kümmern. Bisher hatte ich dieses Thema sträflichst vernachlässigt. Ironischerweise bin ich über Kriminalromane zu diesem Thema sensibilisert worden 🙄: Die Krimis von Barry Eisler, der selbst 3 Jahre für die CIA gearbeitet hat, sind extrem gut recherchiert und dokumentieren im Anhang, welche realen Ereignisse als Hintergrundmaterial verwendet wurden. (Wer sich gern über alle Arten von Lesestoff mit mir austauschen möchte, kann mich gerne auf Goodreads.com besuchen.)
Die weitest gehende Änderung in meinem Online-Verhalten ist es wohl, dass ich mich schrittweise aus den Google Fängen lösen möchte. Da war es ein erster Schritt nach Alternativen für Google Chrome zu suchen. Und mit Brave bin ich schließlich dann auch fündig geworden.
Als ich das erste Mal von Brave hörte (eigentlich las, weil es war ein Tweed, der mich auf Brave aufmerksam machte), war ich recht skeptisch: Dabei ging es mir weniger um den Transfer meiner vielen Bookmarks – Export/Import sollten wohl alle Browser problemlos beherrschen –, sondern vielmehr um meine generelle Arbeitsproduktivität:
- Wie schnell kann ich mich auf ein anderes User Interface, andere Shortcuts etc. gewöhnen?
- Was passiert mit den 63 Erweiterungen (!), mit denen ich Google Chrome im Laufe der Jahre "aufgerüstet" habe?
Beide Ängste waren unbegründet, weil der Brave Browser auf Chromium, den von Google entwickelten Open Source Browser beruht und sich daher wie Google Chrome "anfühlt".
Vorteile von Brave
1 Brave ist schnell. Angeblich sogar viel schneller als Google Chrome. Ich habe das nicht getestet, aber es wird von verschiedenen Seiten darüber berichtet. Auf https://brave.com/ sieht man eine Animation mit einem Geschwindigkeitsvergleich von Webseiten, die stark auf Werbung ausgerichtet sind, wie z.B. c|net, CNN und FoxNews. Dabei ist Brave bis zu 6x schneller als Firefox und Chrome.
2 Brave schützt die Privatsphäre. Es werden bereits in der Standardkonfiguration die meiste Werbung und die damit verbundenen Tracker geblockt. Ebenso wird bösartigen Code durch blockierte Skripts verhindert. Cookies werden nur von der besuchten Webseite erlaubt, wodurch sowohl Browser als auch NutzerInnen-Verhalten schwerer wieder erkannt wird. Wo immer möglich, schaltet Brave automatisch auf eine sichere Verbindung (https) um.
3 Brave forciert Suchmaschinen Qwant und DuckDuckGo, die stärker die Privatsphäre schützen. Beide Suchmaschinen geben an, dass sie – im Unterschied zu Google – keine persönlichen Informationen sammeln. Es wird daher kein Profil von NutzerInnen erstellt und alle User bekommen die selben Ergebnisse angezeigt.
4 Brave nutzt das Tor Netzwerk für privates Surfen. Während andere Browsern nur den Verlauf der besuchten Seiten und die gesetzten Cookies nach dem Besuch löschen, versteckt Brave zusätzlich auch noch Ihre IP-Adresse vor den Seiten, die Sie besuchen. Statt Sie direkt mit der gewünschten Seite zu verbinden, wird anonym über zufällig ausgewählte Tor-Server verbunden.
5 Brave promotet eine gerechtere Verteilung der Werbeeinnahmen. Wenn Sie trotzdem Werbung in einem von Ihnen gewählten Rahmen zulassen, dann können Sie als Belohnung ("Brave Awards") für Ihre Aufmerksam beim Browsen sogenannte "Basic Attention Token" (BAT) sammeln. 70% der Werbeeinnahmen von Brave gehen dabei anonym an uns NutzerInnen. Damit können wir entweder die von uns geschätzten Content-Entwickler fördern oder uns das Geld – als Kryptowährung – auszahlen lassen.
6 Brave bietet Werbung so an, dass NutzerInnen weiterhin die volle Kontrolle haben. UserInnen können selbst bestimmen, wie häufig Werbung eingeblendet wird. Die Spanne reicht von 0-5 Werbungen pro Stunde. Die Werbung erscheint als Benachrichtigung ("Push Notification"), die ich – falls von mir gewünscht – in einem eigenen lokalen Browser Tab lesen kann, ohne dass ich ausspioniert werde.
Vor allem aber ist die Werbung (zumindest für mich) hoch interessant, weil sie (derzeit?) hauptsächlich von NGOs und Organisationen der Zivilgesellschaft stammt. So habe ich heute beispielsweise zum "Giving-Thuesday" Spendenaufforderungen von Code.org und passend zur gerade tagenden Klimakonferenz COP25 von der Plastic Pollution Coalition erhalten.
Zusammenfassend
Obwohl ich erst seit einigen Wochen Brave standardmäßig nutze, bin ich fast schon von Google Chrome entwöhnt. Ich will aber nicht verheimlichen, dass ich durchaus (noch?) auch einige Schwierigkeiten mit Brave habe:
- Bei manchen Aktivitäten wird die Seite nicht richtig dargestellt, weil übergreifende Cookies benötigt werden. Da muss ich dann – so ich weiterhin auf dieser Seite aktiv sein will –das Schutzschild für diese Seite temporär abschalten. Das ist zwar etwas umständlich, aber ich werde über all diese unsichtbaren Vorgänge, die möglicherweise meine Privatsphäre beeinträchtigen informiert und sensibilisiert.
- Brave gesteht ein, dass vollständige Anonymität beim Surfen in einem privaten Fenster nicht garantiert ist. "…if your personal safety depends on remaining anonymous you may wish to use the Tor Browser instead."
Ein weiterer wichtiger und für mich positiver Punkt ist es, dass die Brave Entwicklung von keinem Nobody, sondern vom ehemaligen Mozilla-CEO Brendan Eich geleitet wird. Einige interessante Hintergrundinfos liefert ein älterer Zeit.de-Artikel (Jänner 2016), der allerdings in einigen technischen Details bereits veraltet ist.
Alles in allem kann ich daher den Umstieg auf Brave wärmstens empfehlen. Aber geben Sie sich zwei bis drei Wochen Zeit, bis Sie sich eingearbeitet haben und sich auf die neuen Funktionen nach und nach gewöhnt haben.
2 Antworten auf „Google Chrome Ade – Brave Browser ist schneller und sicherer“
Hmmm…nutze Brave jetzt 14 Tage , das einzigste was nervt ist, Brave übersetzt mir die Webseiten nicht ins Deutsche,kann machen was ich will.
Sie meinen z.B.mit Google Translate? Bestimmte Seiten werden von Brave wegen der viel strengeren Sicherheitsanforderungen nicht angezeigt. Meistens hilft es, wenn Sie für diese Seiten den speziellen Schutz ausschalten.
Dazu rufen Sie rechts neben der Adresseingabe das Löwensymbol auf. Dann können Sie die Sicherheitseinstellung für diese Seite entsprechend anpassen – oder eben auch ganz abschalten. Google Translate funktioniert dann für diese Seite. Brave merkt sich diese Einstellung dann für diese Seite.
Es gibt aber auch Typen von Seiten, die mit Brave nicht richtig funktionieren. Brave kann z.B. nicht den vollen Umfang von Wakelet nutzen. Man könnte/sollte diese Seiten Brave melden. Aber ich habe oft nicht die Zeit dazu. Es gibt auch einige Plugins, die unter Brave nicht funktionieren. Inzwischen weiß ich, bei welchen Seiten es solche Probleme gibt und verwende dann speziell dafür mal doch wieder Google Chrome.
Ich habe schon daran gedacht, eine Fortsetzung dieses Artikel mit meinem bald einjährigen Erfahrungsschatz im Umgang mit Brave zu schreiben. Hatte aber bisher noch nicht die Zeit dazu.