croDict.com ist schwer einzuschätzen: Ein an sich recht gutes Angebot wird in der kostenfreien Version fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Neben Werbung wird nämlich auch noch von den immerhin über 197.000 deutsch-kroatisch Übersetzungen nur ein Teil gezeigt.
Will man mehr sehen, dann muss man die Premiumversion kaufen. 2,99 € pro Monat klingt zwar wenig, summiert sich jedoch bei einer Mindestlaufzeit von einem Jahr immerhin dann doch auf 35,88 Euro. Und das jedes Jahr, ob die Webseite benutzt wird oder nicht. Nebenbei: Ich halte diese Abo-Zahlungen für die schlechteste Variante für uns (Gelegenheits-)Kunden. Es ist ähnlich wie beim Fitness-Center: Auf der Grundlage guter Vorsätze wird man "Mitglied", verwendet dann aber das Angebot nur wenige Male. Man kündigt aber trotzdem nicht, weil es manchmal aus vertragsrechtlichen Gründen nicht geht oder weil die guten Vorsätze ja noch immer präsent sind: "Nächste Woche werde ich…"
Crippleware: Vor- und Nachteile
Doch zurück zu croDict: Es ist ja verständlich, dass der kommerzielle Betreiber Jurica Romić, der das Projekt als Bachelorarbeit begonnen hat und neben einigen kulturellen Initiativen (siehe z.B. den kroatischen Kulturverein in der Schweiz) auch Geld mit seiner Arbeit uns seinem Engagement verdienen möchte. Doch stellt die gewählte Crippleware-Lösung aus meiner Sicht einen Schuss in das eigene Knie dar: NutzerInnen tritt eine Seite entgegen, die durch Farbwahl und Werbung sehr unübersichtlich ist und bei jeder Aktivität darauf hinweist, dass nur ein Teil des Angebots sichtbar ist. Das geschieht dadurch, dass die betreffende Zeile zwar angezeigt wird, aber durch den Text "Please log in" unbrauchbar gemacht wird.
Das ärgert Nutzer wie mich, so dass ich gar nicht genau recherchiert habe, was croDict alles anbietet und gleich die Seite wieder verlassen habe. Erst die genauere Recherche für diese Artikelserie hat mich auf einige Vorteile von croDict gestoßen, die dann letztlich auch zu einem bezhalten Abonnement geführt haben. – Fazit: Wenn Crippleware nicht gut gemacht ist, kann es sich als Schuss nach hinten erweisen. Aus meiner Sicht muss eine gewisse Grundfunktionalität der Software gegeben sein, die ein ständig (limitiertes) angenehmes d.h. störungsfreies Arbeiten ermöglicht. Wenn die NutzerInnen dann auf den Geschmack kommen, sich mit der Software "angefreundet" haben, sie nicht mehr entbehren können aber gleichzeitig auch an den zusätzlichen (Bezahl-)Funktionen interessiert sind, erst dann wird gerne gekauft und wird die emotionale Beziehung zwischen Software und NutzerIn nicht gestört. Bei croDict ist das nicht der Fall: Man fühlt sich geneppt, gezwungen für etwas zu zahlen, was in einer Mindestvariante eigentlich kostenlos sein sollte. Schließlich gibt es ja sowieso die (störende) Werbung.Warum also nicht, z.B. alle Vokabel zeigen aber Deklinationen, Konjugationen und Beispielssätze mit der Kaufvariante verknüpfen? Dann könnte zumindest das Wörterbuch halbwegs professionell genützt werden und es wird bei manchen Leuten (die mehr wollen) Gusto auf die Kaufoption gemacht.
croDict: umfangreiches Angebot in Premiumversion
Das Angebot von croDict kann sich durchaus sehen lassen, wie die nebenstehende Grafik auflistet. Für Kroatisch-Deutsch gibt es fast 200.000 Übersetzungen, über 9.000 konjugierte Zeitwörter und – als besonderes Gustostückerl, das andere Webseiten nicht haben – über 30.000 deklinierte Hauptwörter! Weiters gibt es Wörterbücher für Deusch-Englisch und Englisch-Kroatisch. Obwohl es keine Wörterbücher für Spanisch und Französisch gibt, werden auch dazu konjugierte Verben angeboten – und gar nicht so wenig. Außerdem gibt es die Möglichkeit Vokabellisten zu erstellen und zu wiederholen (lernen). Und zwar für jede beliebige Sprache. Da alle Eingaben manuell erfolgen, ist man nicht auf die von croDict angebotenen Sprachenpaare gebunden.
Vokabelkarten schlecht gelöst
Etwas schleierhaft ist für mich das angebotene Interface für die Vokabelkarten. Das wird in croDict sogar sehr häufig genutzt und auch das Portal selbst stellt solche Listen zur Verfügung. Schleierhaft ist mir der Sinn deshalb, weil es zwar einfach ist diese karten zu erstellen, es aber nur eine extrem umständliche Möglichkeit der (Selbst-)Prüfung gibt: Entweder wird das Wort in einer Sprache auf der symbolisierten Karteikarte angezeigt oder gleichzeitig auch mit der Übersetzung. Es folgt dazu auch noch eine lange Liste der Übersetzungspaare, wenn man nach unten scrollt. Ich kann da wenig didaktischen Mehrwert erkennen, außer dass Vokabel nach gewissen Themen erstellt werden können und dann ein Wort nach dem anderen angesehen wird. Eine Selbstkontrolle ist nur durch das ständige Wechseln von der ein- zur zweisprachigen Darstellung möglich. Dazu muss umständlich jeweils der entsprechende Radiobutton mit der Maus gefunden, ausgewählt und für die nächste Karte wieder zurück gestellt werden. Eine unzumutbare Aufgabe, die den Spass verdirbt. Da wäre ein Shortcut oder automatisierte Lösung angebracht. Interessanterweise werden die Vokabelkarten aber sehr intensiv in croDict genutzt und erzeugen auch eine recht regsamen Austausch an Kommentaren, wo auf Fehler hingewiesen wird. Das liegt offensichtlich daran, dass alle erstellten Vokabelkarten sofort für alle sichtbar werden. Weil diese Wörter jeweils in beide Richtungen verwendet werden können, entsteht eine Community der Lernenden, wo kroatische MuttersprachlerInnen oder Fortgeschrittene auf Fehler hinweisen.
Kritische Würdigung
Wie ich schon gleich zu Beginn des Artikel angemerkt habe: Es ist schwierig croDict gerecht zu bewerten. Auf der einen Seite bin ich über die verkrüppelte Version der Webseite verärgert, auf der anderen Seite wird aber auch für das Geld etwas geboten. Insbesondere wenn auch andere Sprachen genützt werden, die von croDict angeboten werden, kann die Seite ihre Vorzüge entfalten. Wenn ich aber über die ersten Anfänger-Hindernisse im Kroatischen hinweg bin, glaube ich aber nicht, dass ich mein Abo mit croDict verlängern werde. Statt dessen nutze ich jetzt den Voll-Zugang in croDict um kostenfreie Initiativen wie dict.cc zu verbessern – solange bis sich die Bezahlversion von croDict dann überholt hat…