Wegen wiederholter Nachfragen habe ich die Inhalte der „Einführung in die Akteurs-Netwerk-Theorie“ (ANT) als PDF zum Download bereit gestellt. Es handelt sich um eine adaptierte Fassung der Lesereise vom WS 2009/2010. Den interaktiven Kurs selbst gibt es jedoch leider nicht mehr online.
Diese Seite listet Fragen auf, die ich aus dem Fragenpool des Online-Kurses herausgenommen und separiert habe. Sie sollen einige Funktionen der WordPress-Erweiterung WatuPRO demonstrieren.
Dieser Artikel ist eine verlinkte Zusammenstellung der Artikel, die ich im Zusammenhang mit der Internet-Lesereise „Gemeinsam Latour lesen“ (GLL) über mein Weblog angeboten habe. Es ist Tutorial zu Bruno Latours Buch „Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft“.
Obwohl das Projekt „Gemeinsam Latour Lesen“ (GLL) gerade erst abgeschlossen ist, haben sich daraus bereits einige praktische Konsequenzen in meiner Forschungsarbeit ergeben. Diese (positiven) Erfahrungen und Rückmeldungen beruhen darauf, dass ich die Grundidee von ANT bereits in verschiedenen Zusammenhängen (Betreuung bei Dissertationen, Projekt, Vortrag, Lehrveranstaltung) eingesetzt habe.
Heute habe ich das Projekt „Gemeinsam Latour lesen“ (GLL) abgeschlossen. Zeit also diese Initiative kritisch zu reflektieren:
Im letzten Kapitel zieht Latour die Schlussfolgerungen zur politischen Relevanz der ANT. Er wendet sich insbesondere gegen den Vorwurf, dass ANT eine reaktionäre Sozialtheorie sei, die „Menschen wie Objekte behandelt“ (438).
Ausgehend von meinem eher methodologischen Interesse bringt dieses Kapitel, das sich vorwiegend mit politischer Epistemologie beschäftigt, nicht mehr viel Neues. Außerdem verweist Latour hier auf seine ausführlichere Argumentation in „Wir sind nie modern gewesen“ und „Die Hoffnung der Pandora“. Ich kann mich also bei diesem Schlusskapitel ebenfalls kurz halten.
Wir erreichen jetzt langsam das Ende unserer mühsamen (Lese-)Reise zur Akteurs-Netzwerk Theorie. Die Ameise kommt – nachdem sie stur den Akteuren in ihren Weg durch das Dickicht der verschiedenen Formen des Sozialen gefolgt ist – langsam wieder an das Tageslicht. Nachdem wir den Transportwegen der zirkulierenden Entitäten gefolgt sind, durch dunklen Kanäle und unübersichtliche Netzwerke den Blick für das Ganze verloren haben, eröffnet sich nun vor unseren Augen eine flache Landschaft in der alle Größenverhältnisse (Makro/Mikro) eingeebnet wurden und die wir aus der gleichen (nivellierten) Ebene aus betrachten:
Im vorigen Abschnitt wurde Globales lokalisiert, d.h. entmystifiziert, mit „Fleisch“ unterlegt: Es wurde nach dem Ort gefragt, wo das Finanzkapital in die Krise schlittert bzw. sie verursacht (z.B. in den Büros der Wallstreet), der Irak-Krieg ausgelöst bzw. entfacht wurde (z.B. in den Kommandozentralen der US Army). Statt das Globale, das Strukturelle, das Totale amorph und abstrakt voraus zusetzen, ging es einerseits darum die vielen lokalen Stätten aufzusuchen an denen Struktur- und Kontexteffekte transportiert werden und andererseits deren zirkulierende Transportmittel (z.B. Dokumente der Bonitätseinschätzungen, Urkunden der Befehlsübermittlungen) nach zu verfolgen.
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Ursprünglich hatte ich ja vorgehabt einige Bücher von Latour zu lesen. Aber außer Laboratory Life (mit Kindle Reader) und einige Seiten von Science in Action konnte ich meine weihnachtlichen Vorsätze (wie immer) nicht einhalten. Dazu kam noch, dass während der Weihnachtsfeiertage eine ganze Reihe unaufschiebbarer Termine und Verpflichtungen für Jänner hinzukamen, die es mir auch nicht mehr erlaubten, meinen straffen Zeitplan für das Projekt „Gemeinsam Latour Lesen“ einzuhalten. Das ist auch der Grund, warum ich erst jetzt – eine Woche verspätet – das Kapitel „Das Globale lokalisieren“ bearbeite und ich auch nicht die Woche darauf, sondern erst wieder in 14 Tagen die Literaturreise mit „Das Lokale neu verteilen“ fortsetzen kann.
Beim letzten Kapitel vor Weihnachten kann und will ich mich kurz halten. Nicht nur weil mich eine Grippe behindert, sondern weil der Text für sich alleine nicht gut referiert werden kann. Er fasst einerseits einige Punkte aus dem ersten Teil – der Entfaltung der Kontroversen und der 5 Quellen der Unbestimmtheit – zusammen, andererseits bereitet er auf den zweiten Teil – der Sichtbarmachung von Assoziationen – vor.
In der Mitte des Buches „Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft“ fasst Latour die bisherigen Überlegungen zu ANT in Form eines Dialogs zusammen. Der Text dieses Kapitels steht für sich alleine und verweist nicht auf frühere Kapitel und Argumentationen. Er ist auf Latours Website in einer englischen Fassung vorhanden.
Das Verfassen von Berichten ist eine weitere (die fünfte) Quelle der Unbestimmtheit. Auch SozialwissenschaftlerInnen sind Akteure, MittlerInnen bzw. MediatorInnen. Es ist eine falsche Vorstellung zu glauben, dass ein „objektiver“ Bericht bloß unbestreitbare Fakten darzustellen hat. Im Gegenteil: Ein guter ANT-Bericht ist ein Text, der selbst als Mittler auftritt und sich darum bemüht, die vor sich gehenden Kontroversen weiter zu entfalten.
Das Kapitel zur 4. Unbestimmtheit ist doppelt so umfangreich (60 Seiten) wie die Abschnitte der anderen Unbestimmtheiten (ca. 30 Seiten). Das liegt aber nicht daran, dass diese Unbestimmtheit besonders schwierig zu erklären ist. Vielmehr nutzt Latour dieses Kapitel auch um auf die (noch relativ kurze) Geschichte der ANT einen Rückblick zu werfen. Ich möchte jedoch in einem ersten Schritt diese historische Aufarbeitung überspringen und im Sinne der Mainstream-Argumentation mit der
Beschreibung der Unbestimmtheiten fortfahren.
In diesem Kapitel diskutiert Latour nach „Gruppe“ und „handeln“ eine weitere Quelle der Unbestimmtheit: Wer ist alles Handlungsträger? Für Latour sind nicht nur Menschen sondern auch Objekte Handlungsträger. Diese Ansicht ist für Leute wie mich, die ein Studium der Soziologie hinter sich haben, schwer zu verkraften.
Die Überschrift des Kapitels der 3. Woche („Handeln wird aufgehoben“)
beeinhaltet den Begriff der „Aufhebung“, der aus der – zumindest für
mich – etwas dunklen Hegel’schen Ausdrucksweise stammt. Für mich drückt
sich darin die nach meinem Gefühl für die ANT nicht ganz richtige
Vorstellung einer Spiralbewegung aus, wo auf einer „höheren Ebene“
etwas Neues entsteht, dabei aber das Alte – in anderer Form – weiter
wirkt bzw. beibehalten wird. Zum Unterschied davon finde ich den
Neologismus „dis-lokal“ für das Verständnis von ANT geeigneter und auch
insgesamt aussagekräftiger. Keine Spiralbewegung oder dialektischer
Widerspruch sondern eine
Zerstreuung, eine Art von Auflösung im Raum, eine
Nicht-Lokalisierbarkeit.
Die erste Quelle der Unbestimmtheit bzw. der Unschärfe jeder sozialwissenschaftlicher Untersuchung – mit der Latour in seiner Darstellung der ANT beginnt – ist die Gruppe. „Gruppe“ ist für ihn einerseits etwas, was ständig in Bewegung ist, sich ununterbrochen formiert, sich abgrenzt, sich umgruppiert, sich auflöst oder nach Identität sucht. Andererseits sind Akteure nicht einfach auf eine bestimmte Gruppe festzulegen; sie gehören verschiedenen Gruppen gleichzeitig und sich überlappend an: Gruppen mit verschiedenen identitätsstiftenden Merkmalen (Staatsbürger, Konsument, Latour-Leser), Gruppen in verschieden komplexen Aggregatzuständen (Schülerin, Schulsprecherin).
Ich habe bereits erwähnt, dass der Einleitungstext nicht ganz einfach zu lesen ist. Neben einer noch unverständlichen Vorschau, einem nur für Spezialisten verständlichen Rückblick der Ursprünge von ANT, sind es auch einige Fachbegriffe, die Schwierigkeiten machen. Auch gibt es einige wichtige Unterschiede zur (späteren) deutschen Version, bei der die inzwischen erschienene französische Ausgabe herangezogen wurde. Zu all diesen – wichtigen oder aber auch unwichtigen – Kleinigkeiten folgen nachfolgend einige Anmerkungen. (Wobei bitte zu bedenken ist, dass ich nur die deutsche + englische Version vor mir habe und leider auch nicht französisch kann.)
Einige meiner Doktoratsstudierenden arbeiten sich gerade in die Actor-Network-Theory (ANT) ein. Das ist natürlich kein Zufall, sondern geschieht auf meine Empfehlung hin 😉 Das hat mich auf die Idee gebracht, hier über das Internet einen kleinen Lesekreis zu initiieren. 14 Wochen lang (vom 12. Oktober – 14. Februar) möchte Kapitel für Kapitel mit Ihnen gemeinsam „Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft“ lesen und diskutieren.
Ich verwende bewusst häufig den Begriff der Lesereise statt z.B. virtueller Lesezirkel oder virtueller Lesearbeitskreis. Wie bei einer Reise geht es beim Projekt „Gemeinsam Latour lesen“ nicht darum ein Ziel zu erreichen (z.B. den Latour-Text besser zu verstehen), sondern auch die Reise selbst ist bereits Gegenstand der Reflexion: Wie ist solch ein virtueller Lesezirkel gut zu organisieren? Wie kann hohe Interaktivität sicher gestellt werden?
Ich will nicht viel herum reden: Die Einleitung ist ein Hammer. Sie ist extrem schwer zu verstehen. Es gibt viele – an dieser Stelle im Buch noch dunkle und daher unverständliche – Andeutungen, Vorgriffe auf das, was noch alles kommt. Die Einleitung ist aber nicht nur eine Vorschau, sondern gleichzeitig eine Zusammenfassung der Hauptthesen, zusätzlich noch unterlegt mit einem Rückblick, der ebenso wie die Vorschau für Neulinge recht wenig aussagt und eher verwirrend, denn erklärend ist.