David Wiley: Content ist bloß das Lagerfeuer, um das wir uns sammeln (OER, Seminar 1)

Das ist der erste Teil meines Berichtes über das Seminar "Open Educational Resources – Institutional Challenges", das an
der Universitat Obertate de Catalunya (UOC) vom 22.-24. November 2006 stattfand. Das Seminar wurde vom UNESCO Lehrstuhl für E-Learning organisiert (siehe auch Pressemeldung der UOC).

Das ist der erste Teil meines Berichtes über das Seminar "Open Educational Resources - Institutional Challenges", das an der Universitat Obertate de Catalunya (UOC) vom 22.-24. November 2006 stattfand. Das Seminar wurde vom UNESCO Lehrstuhl für E-Learning organisiert (siehe auch Pressemeldung der UOC).

Das Seminar begann mit einem Beitrag von David Wiley, der mit seinem Open Content Blog sowie seiner zahlreichen Artikel zu wiederverwendbaren Materialien ("Lernobjekten") und zur Open Access/Open Content Fragen bereits weltweit bekannt ist. Sein Vortrag war sehr professionell vorgetragen und ich fand ihn auch inhaltlich sehr spannend, besonders was den ersten Teil betraf.

Sein Hauptargument - das ich teile - war, dass Content alleine ist nicht ausreichend für Bildung, andernfalls würden ja Bilbiotheken genügen und wir würden keine Schulen oder Universitäten brauchen. Content ist für ihm bloß das Lagerfeuer (Campfire), um das wir uns sammeln. Entscheidend ist aber, was wir dann tun. Content ist notwendig für Bildung aber nicht ausreichend. (Das hängt meiner Meinung nach davon ab, was unter "Content" verstanden wird. Wenn wir Content als vorfabrizierten Inhalt verstehen, den wir für die Lerner entwickeln, dann stimme ich nicht zu. Wenn wir jedoch unter Content ganz allgemein Inhalt, Problem oder Fragestellung verstehen, dann stimme ich zu.)

Nach Wiley sehen wir uns von 6 großen Veränderungen herausgefordert:

  1. Wandel von Analog zu Digital
  2. Wandel von Fixem, Festverbundenm zu Mobilität
  3. Wandel von Isoliertheit zu Verbundenheit
  4. Wandel von Allgemeinem zur Personalisierung
  5. Wandel von Konsum zum Generieren, Erzeugen, Gestalten
  6. Wandel von Geschlossenheit zur Offenheit ("Openness")

Nach Wiley nun ist es notwendig, dass wir bei wirklichen Innovationen alle 6 Dimensionen gleichzeitig beachten. So sind beispielsweise Online-Selbstlernkurse nicht besonders innovativ, da dabei nur die ersten beiden Dimensionen geändert sind (digital und mobil).

Mit Ausnahme des letzten Punktes finde ich David's Denkfigur interessant. Beim letzten Punkt meine ich aber wird der Wunsch zum Vater des Gedanken. Nicht umsonst brachte er hier keine Beispiele und deshalb war für mich auch der zweite Teil seines Referat weniger überzeugend. Er beschwor "Openess" herauf ohne klar zu machen, worin denn die treibenden (sozialen) Kräfte bestehen, die diesen Trend forcieren:

"Openness" (Offenheit?) ist für ihn der entscheidene, alles ins Lot bringende Katalysatpr: Ohne Offenheit lässt sich Wandel 3 (Verbundenheit) nicht errreichen, weil eben nicht verknüpft werden kann. Ohne Offenheit lässt sich nicht personalisieren, weil nicht die notwendigen Rechte vorhanden sind um die entsprechenden Änderungen vorzunehmen. Und ohne Offenheit lässt sich natürlich schon gar nicht etwas neues schaffen, weil es dann keine Prozedure und Platz gibt, wo neue Sachen entstehen können bzw. hinaufgeladen werden können.

Ja, wie gesagt ein interessanter Gedanke. Offenheit ist unter all den von David erwähnten Gesichtspunkten sehr wichtig, ist vielleicht tatsächlich so eine Art zentrales Bindeglied für die anderen fünf Punkte. Nur: Worin zeigt sich dass Offenheit ein unumkehrberer Trend geworden ist?  Muss sich Offenheit einfach alleine deshalb durchsetzen, weil es einen Trend in den anderen 5 Faktoren gibt?

In seinem Referat gab noch drei weitere interessante Punkte:

  • Er brachte die Geschichte von einem Polo-Trainer (Polo mit Pferden) der sehr erfolgreich war und nun von seinem Manager aufgefordert wird, die Wasserballmannschaft (Water Polo) zu trainieren. Schließlich geht es ja um dieselben Dinge: Tore dem Gegner schießen,  eigene Tore verhindern - und schließlich ist ja beides Polo. Er wollte damit demonsgtrieren, dass traditioneller Präsenzunterricht nicht dasselbe ist wie Online-Unterricht. Zwar verfolgen wir dieselben Ziele aber mit ganz anderen Mitteln und Strukturen. Es ist notwendig, dass wir gerade diese Besonderheiten, berüksichtigen, die jeweilige Kultur respektieren. Erst dann werden unsere Bemühungen erfolgreich sein.
  • Er setzte sich von seinen eigenen Beiträgen zu Lernobjekten (LOs) ab "I have to confess, I'm guilty in this respect!" und will nun statt der Wiederverwendbarkeit vor allem die Lokalisierung (Personalsiierung) von Content forcieren. Wenn immer wir die berühmt-berüchtige Abkürzung LO sehen, sollen wir dies nicht mehr "Learning Object" sondern als "Localized Object" interpretieren. [Das passt wunderbar in meine eigene Theorie, wo das Didaktische Szenario, diese "Lokalisierung" darstellen würden. Siehe später meinen eigenen Beitrag]
  • David stellte die Gleichung auf: Education = Content + Help + Jemand der sich darum sorgt (Eltern, Lehrer etc.). In der Diskussion wird er von Niall Sclatter darin richtigerweise kritisiert: Das dritte Ingredenzium ist nicht notwendige Bedingung. Wenn wir die sich selbst organisierenden Lernenden vor Augen haben, dann entfällt der dritte Faktor bzw. liegt in der Motivation der Lernenden selbst. Aus meiner Sicht würde mich besser die folgende Gleichung gefallen: Education = Content + Practices + Support (Help, Feedback etc.). Diesen Gedanken muss ich mal bei Gelegenheit - ganz im Sinner von Bourdieus sozialer Praktiken genauer verfolgen um soetwas vielleicht wie "Offene Praktiken" identifizieren zu können. Das wäre dann nämlich vielleicht der gesuchte entscheidende Katalysator für den von David (bzw. allen TeilnehmerInnen des Seminars) angepeilten Kulturwechesel.

Wie gesagt - und ich glaube das sieht man auch an der Länge und Detailliertheit meiner Aufzeichnungen: Ein wirklich sehr inspirierender Vortrag!

OER Seminarbericht Inhaltsverzeichnis OER Seminarbericht Inhaltsverzeichnis

Größe: 1.7 kB - File type text/html

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert