Booktype: gemeinsam Bücher schreiben

Es gibt eine Neuigkeit aus meinem Department: Ab sofort bieten wir ein neues Werkzeug zum kollaborativen Schreiben und Publizieren von Büchern an! Booktype ist eine webbasierte Open Source Plattform die nach dem Single-Source Multi-Channel Publishing funktioniert. Dabei wird von einem Ausgangsdokument in die verschiedenen gewünschten Zielformate publiziert. Kein zusätzliches Formatieren mehr, wenn Sie Ihr Printbuch als E-Book herausgeben wollen oder ihr Buch-PDF für Bildschirmbetrachtung optimieren wollen. Der Zugang zu unserer Plattform ist unter donau-uni.booktype.pro frei und öffentlich zugänglich.

Es gibt eine Neuigkeit aus meinem Department: Ab sofort bieten wir ein neues Werkzeug zum kollaborativen Schreiben und Publizieren von Büchern an! Booktype ist eine webbasierte Open Source Plattform die nach dem Single-Source Multi-Channel Publishing funktioniert. Dabei wird von einem Ausgangsdokument in die verschiedenen gewünschten Zielformate publiziert. Kein zusätzliches Formatieren mehr, wenn Sie Ihr Printbuch als E-Book herausgeben wollen oder ihr Buch-PDF für Bildschirmbetrachtung optimieren wollen. Der Zugang zu unserer Plattform ist unter donau-uni.booktype.pro frei und öffentlich zugänglich.

Warum Booktype?

Startseite der frei zugänglichen DUK-Installation von Booktype 2.0
Startseite der frei zugänglichen DUK-Installation von Booktype 2.0

Hinter der Entscheidung eine Hostingplattform für professionelles web-basiertes Publizieren zu mieten, steckt natürlich das Bestreben die Studierenden unserer bildungstechnologischen Lehrgänge mit den neuesten und innovativsten Produkten bekannt zu machen. Konkreter Anlassfall war mein Modul "Bildungstechnologie Vertiefung" im Masterlehrgang eEducation. Wir hatten dort schon seit Jahren die ältere Version 1.6 auf unserem Server (recht und schlecht) laufen und als Werkzeug für den Unterricht genutzt.

Ich war schon damals von dieser Software fasziniert. Nicht nur weil damit für verschiedene Formate gleichzeitig publiziert werden kann, sondern weil Booktype schon damals (2012) es eine Reihe von Web 2.0-Features inkludiert hatte. So konnten sich AutorInnen über RSS Feeds und Twitter-ähnliche Follow-Buttons gegenseitig über die laufenden Aktivitäten informieren und austauschen. Die Plattform war daher nicht nur ein kollaboratives Schreibwerkzeug, sondern hatte auch Community-Building forciert.

Die neue Version 2.0 in ihrer derzeitigen Beta-Version ist komplett überarbeitet worden, hat das User Interface aufgeräumt und die Kernfunktionalität im Kerngeschäft (gemeinsames Schreiben) beträchtlich erweitert.  Dabei sind die von mir so geschätzten Community-Features vorerst noch etwas vernachlässigt worden. Aber – so hat mir der Managing Director Julian Sorge versichert – daran wird gearbeitet. Firmenkunden von Booktype haben auf diese Funktionen nicht so großen Wert gelegt und interne Gruppenarbeit favorisiert. Zwar schade, aber verständlich, dass die Booktype-Leute sich auch nach den Marktbedürfnissen richten müssen. Schließlich muss die dahinter stehende  Non-Profit-Organisation Sourcefabric auch ihre MitarbeiterInnen bezahlen.  Und ehrlich gesagt haben unsere Studierenden gerade diese Feature nicht so stark benutzt, weil sie – entsprechend unserem didaktischen Konzept – stärker auf das Fertigstellen der Arbeit konzentrieren.

Booktype und unser didaktisches Konzept

Fast alle unsere Lehrgänge am IMB beschäftigen sich mit interaktiven Medien und Bildungstechnologien. Das ist unser Kerngeschäft, wie der Name Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien bereits signalisiert. Aber wir organisieren Lernprozesse im Umgang mit diesen Technologien nicht einfach dadurch, dass wir diese Werkzeuge kontextfrei in ihren Funktionen erläutern und trainieren. Im Gegenteil: Es gibt immer ein Anwendungsszenario, für das dieses Werkzeug gebraucht und genutzt wird. Der Umgang mit diesen neuen Werkzeugen erfolgt also in einem geeigneten anwendungsorientierten professionellen Szenario. So müssen  Studierenden von eEducation ihre Lernerfahrungen aus den einzelnen Modulen in E-Portfolio Ansichten von Mahara zusammenfassen und präsentieren.

Booktype: Blick aus dem Dashboard, der zentralen Steuerungstelle
Booktype: Blick aus dem Dashboard, der zentralen Steuerungstelle

Dieses Lernen durch Anwendung forcieren wir mit allen Werkzeugen: Wenn sich Studierende  z.B. in "Bildungstechnologie I" mit Werkzeugen zur Produktion von E-Learning Content beschäftigen, erstellen Sie einen Screencast und lernen dabei (zusätzlich zur ihrer ausdrücklichen Arbeitsaufgabe) auch noch – so ganz nebenbei – die Screencast-Software. Und zwar diesmal nicht bloß theoretisch, sondern in ihrer praktischen Nutzung mit allen (technischen und organisatorischen) Schwierigkeiten. Die Ergebnisse stellen wir auf der IMB-eTutorial Seite öffentlich zur Verfügung. Das erhöht die Motivation wirklich gutes Material zu erstellen. Gleichzeitig entsteht eine brauchbare öffentliche Ressourcen-Sammlung. [Die Seite IMB-eTutorial ist leider in letzter Zeit etwas verwaist, ein neues Design und regelmäßiges Aktualisieren (entfernen nicht mehr aktueller Software-Versionen) steht auf unserer Agenda.]

Ähnlich werden wir auch mit Booktype verfahren: Im Rahmen meines Moduls "Bildungstechnologie II" beschäftigen sich die Studierenden damit, die didaktischen Potentiale von (verschiedenen, von Jahrgang zu Jahrgang wechselnden) bildungstechnologischen Werkzeugen herauszufinden. Als Abschlussarbeit erstellen sie mit Booktype gemeinsam ein eBook, wo sie die Ergebnisse ihrer Arbeiten präsentieren. Und auch diese Lern-Produkte werden wir öffentlich auf IMB-eTutorial zu Verfügung stellen.

Booktype und Mahara als strategische Werkzeuge

In meiner strategischen Planung ist Booktype aber nicht "just another tool": Ähnlich wie bei unserer eigenen freien und öffentlich zugänglichen DUK-Mahara-Installation wollen wir auch Booktype für Forschungszwecke und für die inhaltlichen Entwicklung am Department nutzen.

Wie sich das in der Praxis dann entwickeln wird, ist noch ein offener Punkt. Wie bei Mahara brauchen wir mittelfristig (finanzierte) Forschungsprojekte um unsere Expertise in diesem Bereich auszubauen. Projekte, Masterarbeiten, Dissertationen und Publikationen, das ist die akademische Währung, der wir uns auch stellen müssen.

Wie bei Mahara arbeiten wir mit den EntwicklerInnen von Booktype eng zusammen. Zum Unterschied von Mahara hosten wir die Software nicht bei uns selbst sondern haben uns für ein Miet-Hosting bei Booktype entschieden. Auch wenn Booktype Open Source ist, gilt es den TCO (total cost of ownership) zu betrachten: Nicht nur weil Booktype noch im Beta-Stadium ist und ständige noch neue Features hinzukommen, sondern es werden langfristig durch Wartung wie Backups, Updates etc. laufend (versteckte) Kosten generiert (Arbeitszeit unseres Server Administrators).

Booktype: Informationsseite für den Eigentümer des Buches
Booktype: Informationsseite für den Eigentümer des Buches

Die Zusammenarbeit mit Booktype ist noch keine zwei Wochen alt und vorerst bloß informell. Unsere Expertise in diesem (Self-) Publishing Bereich muss erst langsam wachsen um hier einen für unser Department passenden Forschungsbereich zu konstituieren. Entscheidend wird es dabei sein, ob es (mir) gelingt, dass nicht ich selbst der innovative Treiber bin, sondern diese Funktion wie bei Mahara auf andere MitarbeiterInnen übergeht. Letztlich waren bzw. sind es Klaus Himpsl-Gutermann, Reinhard Bauer und jetzt Andrea Ghoneim, die bei uns am Department cutting edge Forschungsarbeit zu E-Portfolio am Beispiel Mahara machen bzw. gemacht haben. Ähnlich braucht es auch für die Forschung rund um das Konzept von Booktype stärkere personelle Ressourcen, die mittelfristig diesen Ball aufnehmen. (Ganz abgesehen davon, dass ich ja auch einmal in absehbarer Zeit in Pension gehe  😛 )

Booktype und mein bildungstechnologischer Zugang

Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied zu beachten: Das Portfolio war alleine schon von der langjährigen Tradition des reflektierenden Lernens her gesehen im Bildungsbereich immer ein wesentliches Werkzeuge. Das macht es leicht(er) diese bekannten didaktischen Vorteile in eine elektronische Variante zu überführen (= E-Portfolio).

Booktype: Blick auf Inhaltsverzeichnis eines Buches mit Angabe des aktuellen Status der Bearbeitung
Booktype: Blick auf Inhaltsverzeichnis eines Buches mit Angabe des aktuellen Status der Bearbeitung

So wie Mahara steht natürlich Booktype bloß als Prototyp für einen neuen Werkzeugtyp, dessen Potentiale erforscht und weiter entwickelt werden sollen. Zum Unterschied von Mahara, wo ein unmittelbarer didaktischer Zusammenhang vorhanden ist, ist bei Booktype der bildungs-technologische Zugang nicht sofort erkennbar. Das hängt damit zusammen, dass wir Lernprozesse immer noch in erster Linie bloß eigens dafür entwickelten didaktische Arrangements zusprechen. Wenn wir aber unseren Fokus nicht so einengen und alle Formen der Wissensproduktion und -aneignung darunter verstehen, dann kommt natürlich den neuen Plattformen zum kooperativen Publizieren eine wichtige Rolle zu. Die Lernprozesse werden nicht nur beim Zielpublikum (den LeserInnen der Publikation) generiert, sondern ganz wesentlich auch bei den (Co-)AutorInnen. Das betrifft aber nicht nur die Kommunikation und den Austausch zwischen den AutorInnen, sondern auch den Produktionsprozess selbst.

Wenn ich jetzt (einsam und alleine) diesen Webartikel schreibe, dann muss ich nicht nur gewisse Informationen recherchieren (Wer steht hinter Booktype? Was kann diese Software gut, was weniger gut?), sondern auch meine Gedankengänge für die Niederschrift präzisieren und gliedern. Das ist übrigens der Punkt, warum ich so gerne an meinem Weblog schreibe. Natürlich freue ich mich, wenn meine Beiträge gelesen werden, ich positives Feedback bekomme, zu Tagungen auf Grundlage von Weblog-Beiträgen eingeladen werde, etc. Aber ehrlich gesagt, bin ich da ganz egoistisch: Ich schreibe meine Beiträge in erster Linie für mich, weil sie mir selbst einen Mehrwert bieten. Nicht nur beim Ausarbeiten meiner Gedanken hilft mir das, sondern ich bin wahrscheinlich auch der eifrigste Nutzer meines Suchmaschine, weil ich ständig nach eigenen früheren Beiträgen von mir suche (Wie war das doch genau?).

Unter einer konstruktivistischen Perspektive von Bildung, hat gerade der Prozess der Wissensproduktion eine enorme Bedeutung. Weil Werkzeuge wie Booktype nicht nur diese Produktion fördern, sondern auch die damit verbundenen Möglichkeiten, Arbeitsweisen etc.  verändern, ist die Untersuchung dieser Prozesse  aus meiner Sicht ein genuin bildungswissenschaftliches bzw. bildungstechnologisches Thema.

Booktype und mögliche Forschungsfragen

Die für unser Department relevanten möglichen Forschungsfragen zu Booktype können von sozialwissenschaftliche Untersuchungen zu Prozessen des Community-Building bzw. Community Managements bis zur Themen der veränderten Arbeitsweise von Wissenschaftler/-innen reichen.  In beiden Bereichen habe ich auch selbst schon gearbeitet, publiziert bzw. Dissertationen betreut. Siehe z.B.:

Ds sind aber nur kleine Beispiele von möglichen Forschungsthemen: Wenn wir uns erst mit Booktype und anderen Produkten dieser Kategorie auskennen, dann werden daraus sich eine Reihe neuer, aktueller und innovativer Fragestellungen ergeben.

Vielleicht fällt Ihnen selbst auch dazu ein Frage ein? Nutzen und testen Sie die Plattform und schreiben Sie mir Ihre Ideen dazu. Würde mich sehr interessieren. Nutzen Sie die Kommentarfunktion dieses Blogs oder aber schreiben Sie mir über Kontakt eine persönliche Mail.

Von Peter Baumgartner

Seit mehr als 30 Jahren treiben mich die Themen eLearning/Blended Learning und (Hochschul)-Didaktik um. Als Universitätsprofessor hat sich dieses Interesse in 13 Bücher, knapp über 200 Artikel und 20 betreuten Dissertationen niedergeschlagen. Jetzt in der Pension beschäftige ich mich zunehmend auch mit Open Science und Data Science Education.

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